Mehr auf dem Bau als Zuhause gewesen

Am Dienstag war Richtfest für das neue Festspielhaus am Wall

Emden. Würde man heute, ein gutes Jahr nach Beginn der Arbeiten so ein Projekt wie den Umbau des einstigen Neuen Theaters zum Festspielhauses am Wall noch anfassen? Oberbürgermeister Tim Kruithoff nickt. „Eindeutig Ja. Wir hatten keine andere Wahl, schon allein weil die aktuellen Brandschutzbestimmungen im Altbau nicht umsetzbar waren.“

Luftiger Rahmen fürs Richtfest: das neue Foyer

Am Dienstag (9. August) wurde auf der Baustelle Richtfest gefeiert. Der Umbau ist auf gutem Weg. Der Kostenrahmen von rund 4,7 Millionen Euro kann eingehalten werden, sagt KulturEvents-Chefin Kerstin Rogge-Mönchmeyer. Sie hat gerade den Auftrag für die Dreifachverglasung des mächtigen Foyers vergeben. Das habe noch geklappt. Bei den Bindern für die neuen Holzdecke geriet man in die aktuelle politische Problematik. Die sollten nämlich aus Russland kommen. Also musste Architekt Peter Müller insgesamt zweimal umplanen, die Statik berechnen und schauen, ob die Akustik auch dann noch stimmt, wenn die alten Holzdeckenbinder bleiben, aber höher verlegt werden. Denn das Festspielhaus wird Akustiksegel bekommen, und die benötigen Platz.

Also ist alles im Lot – auch zur Beruhigung des OB, denn er, so sagt Kruithoff selber, habe immer am Donnerstag nach der wöchentlichen Baubesprechung unruhig auf den Bericht von Kerstin Rogge-Mönchmeyer gewartet, was denn nun wieder nicht lieferbar sei und wo man wieder umplanen müsse. „Allerdings hat sie auch immer gleich eine Lösung parat gehabt“, lobt Kruithoff seine umtriebige Bauherrin, die sowieso „mehr hier auf dem Bau als Zuhause“ gewesen sei.

Christoph von Minden von der Firma Thormählen (Elsfleth) und Kerstin Rogge-Mönchmeyer

Lob vom OB gab es ebenfalls für die „taffe Bauleitung“, aber auch für den Rat, der „Mut und geraden Rücken“ bewiesen habe, das Projekt anzugehen. Doch nun wird nach altem Brauch das Haus erst einmal gerichtet. Christoph von Minden tritt als Zimmermann in Tracht gekleidet gemeinsam mit Kerstin Rogge-Mönchmeyer auf den Balkon im künftigen Foyer, spricht in Reimen die Wünsche auf das Gelingen des Hauses aus und setzt dreimal das von der Bauherrin gefüllte Glas an, ehe es krachend zu Boden geworfen wird. Einen Richtkranz gibt es nicht, weil der sich schlecht auf dem flachen Dach befestigen lässt.

Mitten auf der Baustelle wird musiziert: das Münsteraner Blechbläser-Quartett gibt dem Richtfest einen edlen Anstrich

Das neue Foyer ist auf schlanke Säulen gestellt. Sie sind aus Beton gegossen, zeigen jedoch eine Anmutung von Marmorierung, was ihnen den Anschein von massiver Hochwertigkeit verleiht. Hochwertig ist auch die Begleitmusik zum Festakt. Das Münsteraner Bläser-Quartett begleitet den Nachmittag mit Musik aus dem Barock. Dazwischen hört man lateinamerikanische Musik, Opernarien und Beatles-Songs – und ab und an auch das Kläffen von Hund Murphy. Der gehört dem Sohn von Kerstin Rogge-Mönchmeyer – und mag keine Musik.

Doch bei den Gästen kommen die mal festlichen mal feschen Klänge an. „Könnte genauso gut schon die Eröffnung des Festspielhauses sein“, hört man anerkennend sagen. Und Kruithoff spricht davon, dass man mit dem neuen Foyer über eine zweite Veranstaltungsstätte im Festspielhaus verfüge – allerdings sagt er das eher mit Blick auf das Filmfest.

Bei der Ausstattung sei an vielfältigste Details gedacht worden, macht der OB deutlich. Damit auch Kinder ihn bei Veranstaltungen nutzen könnten, sei auf die Höhe der Lehnen geachtet worden. Für eine Nutzung des neuen Hauses als Kino wurden Getränkehalter eingeplant, die aber so angebracht werden, dass sie bei klassischen Programmen nicht die Sitzbequemlichkeit stören. Zudem könne man die vorderen Sitzreihen entfernen, um hier bei kleineren Veranstaltungen eine veränderte Anmutung anbieten zu können. Kurz: „Das Haus wird eine große Bereicherung für das Emder Kulturprogramm.“