Spurensuche beiderseits des Atlantiks

Norden / New York. Seit einem Jahr sucht das Ehepaar Thomas und Mary-Lea Enderle aus New York nach den Spuren ihres Verwandten Pieter Claesen. Ihre Reise führte sie nun nach Ostfriesland. Ihre bisherigen Forschungsergebnisse stellten sie im „Rummel“ des Ostfriesischen Teemuseums in Norden vor. Unterstützt wurden sie von Museumsleiterin Mirjana Culibrik und dem Norder Heimatforscher Helmut Fischer.

Vor fast 400 Jahren, am 25. September 1636, stach von Amsterdam aus der holländische Segler „Rensselaerwyck“ in See, Reiseziel war New Amsterdam an der Ostküste Nordamerikas, das heutige New York. An Bord waren 37 Passagiere, unter ihnen ein 16-jähriger junger Mann aus „Marienhafe nahe zu Norden und vom Wykhof“. Sein Name war Pieter Claesen, später nannte er sich aus politischen Gründen Pieter Claesen Wykhoff. Trotz einiger Lücken im Lebenslauf des jungen Pieter Claesen scheint sein Geburtsort im Brookmerland zu liegen, seine im Jahr 1643 erbaute Fam „The Wykhoff-Farm“ existiert noch heute und ist das älteste Gebäude in Brooklyn (New York).

Das „Wykhoff Farmhouse Museum“ in Brooklyn – von außen …

Die Geschichte von Pieter Claesen stellte das Ehepaar Enderle in einem 20minütigen Film vor, in dem beide – in Gestalt von Wichteln – Schritt für Schritt in das Leben ihres Protagonisten eintauchen und die Orte seines Lebens aufsuchen. „Eine bislang unbekannte Variante von Familienforschung und dazu sehr informativ produziert“, stellt Helmut Fischer fest.

Fakt scheint zu sein, dass Pieter Claesen entweder auf dem „Wykhoff“ ca. acht Kilometer südwestlich von Marienhafe geboren wurde und dort gearbeitet hat. Unterlagen aus dem Staatsarchiv weisen auf eine Familie Claesen in Tjüche hin, so kann er auch als junger Knecht zur Arbeit auf den Wykhof gekommen sein. Er konnte weder lesen noch schreiben, fasst Thomas Enderle die ersten Spuren im Norderland zusammen. Nähere Auskunft über die Auswanderung von Pieter Claesen war der Passagierliste zu entnehmen, denn die Namen der 37 Passagiere sind bekannt. Dort wurde Pieter Claesen beschrieben als „Pieter Claes from Nordiren or Norden (in East Friesland). Er war der einzige Reisende aus Ostfriesland.

Nach der Ankunft in New Amsterdam am 4. März 1637 musste er seine Fahrtkosten nach einem sechsjährigen Vertrag auf einer Farm abarbeiten. Zu damaliger Zeit hatten holländische Kolonialherren kräftige Männer angeworben, um in der neuen Welt Ländereien urbar zu machen, was sich 200 Jahre später auch in mittleren Westen in Iowa oder Illinois verfolgen lässt. Pieter lebte und arbeitet in einem Gutshaus der Familie „Rensselaerwyck“. Pieter baute die Farm der Familie zu einer produktiven Farm aus und konnte sich am 7. April 1643 aus dem Vertrag lösen, er war frei und bliebe zunächst Landwirt.

… und einmal mit dem schlichten Interieur von innen. Bilder: Fischer

Sein Weg sollte aber noch abwechslungsreicher werden, als er im Jahr 1652 aus der Familie Peter Stuyvesant, dem damaligen Gouverneur von New Amsterdam, Grietje van Ness heiratete. Beide hatten elf Kinder und zogen später in die Nähe von New Amsterdam auf die Insel Manhattan und gründeten die „Wykhoff Homestaed and Farm“, heute das „Wykhoff Farmhouse Museum“ in der 5816 Clarendon Road in Brooklyn, NY 11203, fast 90 Minuten Autofahrt vom geschäftigen Teil New Yorks entfernt.

Die Familie Wykhoff betreut dieses Farmhaus bereits in der 13. Generation und verweist mit Stolz auf ihre holländische Herkunft. „Und nun haben wir ein Problem“, erklärt das Ehepaar Enderle, Denn sie vermuten, dass Pieter Claesen ein Ostfriese war. Und das habe die Familie Wykhoff „etwas konsterniert“, hätten doch deren Nachforschungen zu einem „Pieter“ aus den Niederlanden geführt. Mittlerweile gehe die Tendenz aber dahin, dass Pieter aus dem Norderland, genauer: aus dem Brookmerland, entstamme.

Allerdings konnten die Heimatforscher aus dem Brookmerland, Harm Bents und Uwe Boumann, keine weiteren Fakten liefern, die Unterlagen aus damaliger Zeit sind verloren, eventuell während des 30-jährigen Krieges. Eine klare regionale Zuordnung von Pieter Claesen lasse sich wohl nicht mehr feststellen. Bekannt ist jedoch der Grund seiner Namensänderung zu Pieter Claesen Wykhoff.
Die Änderung erklärt sich wohl aus dem historischen Fakt, dass die Briten die Kolonien der Niederlande an der Ostküste Nordamerikas übernahmen.

Claesen gründete die „Dutch Reformed Church“ und wurde als anerkannter Friedensrichter in den höheren Verwaltungsstand erhoben. Mit Erstaunen stellte Ary-Lea Enderle in der abschließenden Diskussion fest, dass Pieter eine sehr bekannte Person in den Gründerjahren von New Amsterdam und später New York war. „Hier in Ostfriesland ist er wohl quasi unbekannt!“

Mit großer Zufriedenheit nahmen die amerikanischen Familienforscher zur Kenntnis, dass sowohl das Teemuseum als auch Fischer, der im Juni das Museum in Brooklyn besuchte, sowie Bents und Boumann sie bei der weiteren Suche unterstützen wollen. Eine größere Präsentation in den Vereinigten Staaten ist für das kommende Jahr im Gespräch. „Das wäre ein Highlight für Brooklyn“, zeigten sich Thomas und Mary-Lea Enderle angetan.