Eine Kunstgeschichte auf 4500 Seiten

Ostfrieslands Bibliotheken bergen eine Fülle bedeutsamer Bücher und Schriften. Einige von ihnen sollen in den nächsten Monaten vorgestellt werden. Am Beginn der Reihe steht ein Werk aus der Landschaftsbibliothek in Aurich.

Folge 1: Ein handschriftliches Inventar der Bau- und Kunstdenkmäler Ostfrieslands von Jan Fastenau

Das Museum der „Kunst“ in der Großen Straße, wie es aussah, als Jan Fastenau hier als Museumsleiter angestellt war. Bild: Archiv wag

Aurich. Das Manuskript in der Landschaftsbibliothek Aurich umfasst 4500 handschriftliche Seiten, die in acht Bänden eine umfassende ostfriesische Kunstgeschichte mit vielen Handzeichnungen abbilden. Bisher blieb es nahezu anonym. Autor ist der Kunsthistoriker Jan Fastenau (1880 bis 1945), der sich 1930 als Leiter des späteren Emder Landesmuseums vorgenommen hatte, eine ostfriesische Kunstgeschichte zu schreiben. Bis 1945 trug er die bis heute größte und detailreichste Beschreibung der hiesigen Kunstschätze zusammen, wie der Leiter der Landschaftsbibliothek, Dr. Paul Weßels, in einem Artikel über Fastenau und sein Riesenwerk notiert. „ Aber leider ist Jan Fastenaus großartiges Buch niemals gedruckt worden.“

Jan Fastenau, so schreibt Weßels in einem bibliographischen Abriss übder den Kunsthistoriker, wurde 1880 als Sohn eines Bankiers und Senators in Norden geboren. Er wuchs in Blankenburg auf und studierte Kunstgeschichte. Nach verschiedenen Anstellungen wurde er schließlich von 1928 bis 1933 Leiter des heutigen Landesmuseums in Emden. Danach siedelte er noch einmal nach Marburg um, weil er dort seine Arbeit in Ruhe fortsetzen wollte. Im April 1945 starb er kurz nach der Vollendung seines Werkes in den Wirren des Kriegsendes auf dem Weg zu Fuß von Marburg nach Ostfriesland entkräftet in Brake an der Lippe.

Kleiner Beispieltext, um die Handschrift Jan Fastenaus vorzustellen.

Für seine Kunstgeschichte musste Fastenau 1930 alle interessanten Orte in Ostfriesland persönlich aufsuchen, um sich Häuser, Kirchen, Grabmale oder Bilder anzusehen. Er hatte kein Auto zur Verfügung und reiste mit Kleinbahn oder Bus und ging oft genug zu Fuß. Fastenau arbeitete auch nicht mit der Kamera, sondern nahm sich in den dunklen Kirchen lieber ausreichend Zeit für seinen Zeichenstift. Damit ist ein Zustand festgehalten worden, der heute vielfach verloren ist – insbesondere gilt dies natürlich für das durch den Krieg zerstörte Emden. Aber auch viele Kirchen sind seit 1950 ohne Gefühl für die historische Substanz renoviert worden, Wind und Wetter, saurer Regen einerseits oder eine falsche Klimatisierung in den Innenräumen der historischen Gebäude andererseits haben ihre Spuren hinterlassen.
Fastenau habe oft noch Details gesehen und festgehalten, die heute längst verschwunden seien, vermerkt Weßels. „Der historische Abstand macht diese Sammlung deshalb heute umso also wertvoller“