„Da ist ein Tor aufgegangen“

Abteilungsleiterin im Regionalen Pädagogischen Zentrum (RPZ) verabschiedet sich in den Ruhestand

Von Ina Wagner

Aurich. Für sie sei es ein Genuss – dieses Ostfriesland mit seiner reichen Kultur und seinen vielfältigen alten Gebräuchen, versichert die gebürtige Hamburgerin Dr. Birgitta Kasper-Heuermann. Die Abteilungsleiterin des Regionalen Pädagogischen Zentrums (RPZ) in der Ostfriesischen Landschaft ist zum Monatsende in den Ruhestand gegangen, nachdem sie mehr als zwölf Jahre die Geschicke des Zentrums geschickt und höchst erfolgreich geleitet hat, wie Landschaftspräsident Rico Mecklenburg ihr im Rahmen einer Videokonferenz bescheinigte.

Ab Mai wird ihre Nachfolgerin, Dr. Frauke Grittner, Professorin für Grundschulentwicklung und Integrativen Sachunterricht an der Universität Kassel, die Leitung des RPZ übernehmen.

Abschied im Garten der Ostfriesischen Landschaft: Landschaftspräsident Rico Mecklenburg und Birgitta Kasper-Heuermann. Bild: OL

Birgitta Kasper-Heuermann lebt seit 1982 in Ostfriesland. Nach etlichen erfolgreich bewältigten Projektaufträgen im deutsch-niederländischen Kontext erhielt sie den Auftrag, für die Ostfriesische Landschaft den Oll‘ Mai 2008 „Bildung ist Zukunft“ zu organisieren. Das vielfältige Programm, das sie für diese Veranstaltung zusammenstellte, bildete, so erkannte Birgitta Kasper-Heuermann im Nachhinein, genau jene Themen ab, die zur Grundlage für ihre Arbeit im RPZ wurden: Mehrsprachigkeit, Schule und Gesundheit, regionale Jugendbildung, Lernwege ohne Brüche, und viele andere mehr.

Der Erfolg dieser Veranstaltung hinterließ Wirkung. Birgitta Kasper-Heuermann wurde ermuntert, sich um die frei gewordene Leitungsposition im RPZ zu bewerben. Und tatsächlich habe man sie dann aus einem Feld von 54 Bewerberinnen und Bewerbern ausgewählt, berichtete sie selber.

Der Anfang, darauf verwies Mecklenburg, sei für die studierte Gymnasiallehrerin, die in niederländischer Literatur promoviert hat, nicht einfach gewesen. Es war die Zeit, als es um den Erhalt des RPZ ging und es zu Unruhen und Demonstrationen kam, erinnerte der Landschaftspräsident. Kasper-Heuermann habe zunächst die Aufgabe gehabt, die Ruhe wieder herzustellen. Das sei ihr unter Einsatz von „viel Energie“ auch gelungen, sodass bis heute alle Gebietskörperschaften in Ostfriesland das RPZ unterstützen.

Drei Höhepunkte ihrer Arbeit stellte Kasper-Heuermann heraus – und war sich mit Rico Mecklenburg in der Bedeutung dieser Faktoren für die Region einig:

– Die Gründung der Bildungsregion Ostfriesland 2011: Es handelt sich um ein Kooperationsbündnis der vier Gebietskörperschaften Ostfrieslands (Landkreise Aurich, Leer, Wittmund sowie kreisfreie Stadt Emden) mit dem Land Niedersachsen und der Ostfriesischen Landschaft. Dabei geht es um bestmögliche Bildungsbiografien für alle Kinder und Jugendlichen, wobei der Fokus auf dem Übergang zwischen verschiedenen Bildungseinrichtungen in Ostfriesland liegt – in diesem Fall vom Kindergarten in die Grundschule und von der Schule in den Beruf oder ins Studium.

– Der Erhalt der Lehrkräftefortbildung im RPZ: 2012 sollte die Fortbildung für Pädagogen an der Universität Oldenburg zentriert werden, letztlich gelang es aber, das Kompetenzzentrum Lehrerfortbildung in Ostfriesland zu halten.

– Die Konzeption von Bildungsmessen mit außerschulischen Lernorten in Ostfriesland. Drei von ihnen wurden abteilungsübergreifend durchgeführt.

Ein anderes Sachgebiet, das Birgitta Kasper-Heuermann als wichtig erachtete, war die Erstellung von Lernmaterialien zu besonders wichtigen regionalen Themen. Es handelt sich um Loseblatt-Sammlungen in Ordnern, die als Unterrichtsmaterial eingesetzt, aber auch jederzeit um weitere Aspekte ergänzt werden können. Themen unter anderem: die Orgel, Juden, das KZ Engerhafe, Flüchtlinge und Vertriebene oder „Spurensuche: Mittelalter in Ostfriesland“ – ihr interdisziplinäres Lieblingsprojekt, das in mehrjähriger Arbeit entstanden ist.

Wichtig bei all ihren Projekten: Immer gab es Kooperationspartner, denn Menschen zusammenzubringen, komplexe Themen „runterzubrechen“ und interdisziplinär zu arbeiten, ist für Birgitta Kasper-Heuermann ein großes Vergnügen. „Die Arbeit war unglaublich bereichernd, weil sich so viele Möglichkeiten zur Zusammenarbeit boten.“

Und die Zeit danach? Birgitta Kasper-Heuermann schwärmt nicht nur für abstrakte Kunst – sie malt selber und möchte dieses Feld auch weiterhin ausbauen. Daneben gibt es viele Ideen, die wieder mehr pädagogisch motiviert sind. Ein Traum von ihr wäre ein Jugendsachbuch auf der Basis der Lernmaterialien für das Mittelalter. Da sei viel interessanter Stoff zusammengetragen worden, aus dem man für ein solches Buch schöpfen könne. „Aber das ist noch nicht ausgegoren.“

Birgitta Kasper-Heuermann, die in Popens wohnt, will in Ostfriesland bleiben, das sie liebgewonnen hat. Und die Ostfriesische Landschaft ist sich bewusst, dass eine „sehr wertgeschätzte Kollegin“ (Matthias Stenger) in den Ruhestand gegangen ist.

Und das RPZ ist nach ihrer Definition dementsprechend ein „Ort für pädagogische Initiativen“, eine „einzigartige Anlaufstelle“, ein „Raum für gemeinsame Lösungen“ oder, wie es Landschaftsdirektor Dr. Matthias Stenger formuliert, ein „Netzwerkpartner mit einem offenen, flexiblen Team“.

Die Mitarbeiter sind Kasper-Heuermann dann auch immer wichtig gewesen. „Aber man muss natürlich die richtigen haben und sich auf die Mitarbeiter verlassen können.“ Das sei die Grundvoraussetzung, die das RPZ zu einem Aufgabenfeld gemacht habe, in dem sich Fortschrittliches und Vorbildliches entwickeln konnte, meint sie. Die Vielzahl unterschiedlicher Abteilungen im Haus hätten ein Übriges getan, um die Region aus vielen verschiedenen Blickwinkeln für sich zu erkunden. „Da ist ein Tor aufgegangen!“