Riepe will seine Wenthin-Orgel restaurieren

Mindestens 310 000 Euro werden benötigt, 64 000 Euro sind vom Bund zugesichert

Von Ina Wagner

Riepe. Die lutherische Kirchengemeinde Riepe ist entschlossen, die Restaurierung ihrer Orgel einzuleiten und hat entsprechend Anträge gestellt. Bundestagsabgeordneter Johann Saathoff (SPD) überbrachte jetzt den positiven Bescheid über 64 000 Euro aus dem Sonderprogramm Denkmalschutz. Damit sei der erste Schritt getan, und man könne nun beginnen, weitere Förderer zu finden, sagte Kirchenvorstand Uwe Endjer bei einer gemeinsamen Begehung der Orgel in der spätgotischen Kirche von 1554.

Auf der Orgelempore: Kirchenratsvorsitzender Uwe Endjer, Ortsbürgermeister Erich Harms, Bundestagsabgeordneter Johann Saathgoff und Pastor John Förster. Bild: privat

Die Orgel des Meisters Johann Friedrich Wenthin (1746 bis 1805) wurde in den letzten Jahrhunderten durch massive Eingriffe in die Grundsubstanz verdorben. Bis auf das Gehäuse und die Prospektpfeifen ist von dem Original der Rokoko-Orgel – Wenthin-Orgeln zeichnen sich durch zarten, eleganten Klang mit einem hohem Anteil an Streich- und Flötenregistern aus – nichts mehr geblieben. Schon 1892 tauschte oder entfernte Orgelbauer Johann Diepenbrock einige Register. Eine strahlende Mixtur und eine Vox Humana verschwanden, dafür kam neu ein Bordun, ein sogenannter Brummbass, hinzu.

Um 1900 war es die Firma Furtwängler und Hammer, die den originalen Pfeifenbestand Wenthins ausbaute – bis auf vier Register. Gebaut wurde ein neues Orgelwerk mit 17 Registern. 1967 bis 1970 baut die Werkstatt Führer die Orgel quasi neu. Sie verfügte dann über neun Register im Hauptwerk und fünf im Pedal. Aber auch Führer ließ – wie schon die vorherigen Orgelbauer – Gehäuse und Prospektpfeifen unangetastet.

Das Klangbild der Führer-Werkstatt zeigt die Orgel bis heute. Gemeindepastor John Förster spricht dann auch davon, dass die Orgel trotz aller Probleme immer noch „mächtig was her macht“. Allerdings wäre es „fahrlässig“, die sich jetzt bietende Chance nicht zu nutzen und die Gelder nicht zu beanspruchen. Zudem: „In so eine historische Kirche gehört eine spielbare Orgel.“ Auch Landeskirchenmusikdirektor Winfried Dahlke spricht davon, dass „die derzeitige Situation der Orgel dem Ort nicht angemessen ist“. Womöglich sei jetzt die letzte Gelegenheit für eine Rekonstruktion gekommen.

Deformiert und in der Spitze abgeknickt: Orgelsachverständiger Winfried Dahlke demonstriert die Schäden an einer besonders betroffenen Pfeife.

Dieser Meinung ist auch Johann Saathoff. Mit Riepe und Mittegroßefehn seien die letzten beiden großen Orgelbauprojekte in Ostfriesland noch finanziell bedacht worden. Wie es nach der Bundestagswahl aussähe, könne man jetzt nicht wissen. Ob es dann überhaupt noch ein solches Sonderprogramm gäbe, müsse man abwarten.

Die Wenthin-Orgel von 1785 verfügt noch über das originale Gehäuse und die Prospektpfeifen. Das war mit einer der Gründe, warum die Bundesförderung überhaupt nach Riepe gegeben wurde. „Wir haben auch schon Geld für Orgeln gegeben, die überhaupt nicht mehr spielbar waren“, sagt Johann Saathoff. Aber der Zustand der Riepster Orgel stelle einen besseren Ausgangspunkt dar.

Kennen sich mit Orgeln bestens aus: Winfried Dahlke und Albert Kretzmer.

Die Arbeitsliste ist lang. So sollen die verloren gegangenen Register rekonstruiert, der Altbestand restauriert werden. Die historische Windanlage muss wiederhergestellt und zwei Keilbälge neu angefertigt werden. Rekonstruiert werden muss auch die Spielanlage. Das Gehäuse bedarf der Stabilisierung, rekonstruiert werden müssen die Rückwandteile und die Füllungen. Abschließend sollen alle Pfeifen neu intoniert werden. Auf der Wunschliste der Gemeinde steht auch ein neues Pedalwerk mit zwei Registern. Kostenpunkt allein hierfür: 55 000 Euro

Die sichtbaren Schäden an der Orgel betreffen vor allem die Pfeifen. Etliche weisen Schäden auf oder sie tun ihren Dienst gar nicht mehr. Andere sind eingesackt oder abgeknickt, weil die Legierung des Materials nicht stimmt. Vor allem aber sei der Verlust der Originalsubstanz außerordentlich beklagenswert, meint Winfried Dahlke.

Nur weil Gehäuse und Prospektpfeifen noch original vorhanden sind, können überhaupt erfolgreiche Förderanträge gestellt werden: die Wenthin-Orgel von Riepe.

Zwei Kostenvoranschläge, die nahezu identische Summen ergeben, liegen der Gemeinde inzwischen vor. Der Rückbau wäre demnach mit rund 310 000 Euro zu veranschlagen. Dazu käme das Pedalwerk und – unter Umständen – noch ein Oberwerk. Dieses würde allerdings noch einmal Mehrkosten in Höhe von 100 000 Euro bedeuten.

Seine Gemeinde sei willens, das Projekt durchzuziehen, betont John Förster. „Hier wird viel Wert darauf gelegt, dass die Orgel funktioniert.“ Der Kirchenvorstand hat sich einstimmig für das Projekt ausgesprochen und ist gleich geschlossen in die lokale Orgelkommission eingetreten, die sich im übrigen in Windeseile gebildet hat, nämlich innerhalb einer Woche. Denn eine Rekonstruktion im Stile Wenthins sei mit den heutigen Möglichkeiten machbar, hatte Orgelsachverständiger Dahlke betont. Als Referenzorgeln für Riepe können die Wenthin-Orgeln von Groothusen und Backemoor herangezogen werden.

Der Rückbau bedeutet aber auch eine klangliche Einschränkung. So müsse man auf die mächtige Wirkung der Mixturen verzichten, über die die Führer-Orgel verfüge, meint auch Fachberater Albert Kretzmer, der selber Organist in Oldersum und ein Kenner der historischen Orgeln der Region ist. Auch das Pedal werde bei einer Reduktion auf zwei Register anders klingen. Währenddessen bewegen Winfried Dahlke noch andere Gedanken. Man könnte nämlich überlegen, aus der einmanualigen Orgel eine zweimanualige zu machen. „Das wäre etwas ganz Feines und der größte Schub.“

Dem Kirchenrat ist klar, dass die Finanzierung des Projektes sich wohl nur über die Ansprache von Institutionen und Stiftungen realisieren lässt. Die Gemeinde sinnt derweil nach Möglichkeiten, Geld zu beschaffen, um ihren Eigenanteil bereitzustellen. Es geht dabei vor allem um Patenschaften für die Orgelpfeifen. Auch wurden ein Spendenkonto und eine Internetseite eingerichtet. Informationen über das Projekt gibt es auch über die Gemeindeblätter von Riepe und Ochtelbur.

► Infos: kirche-ochtelbur-riepe.wir-e.de
► Spenden: „Orgel Riepe“, DE 35 52 06 04 10 000 00 62 62 bei der Evangelischen Bank

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