Fülle und klangvolle Substanz

Im 9. Gezeiten-Doppelkonzert war das Jeroen Berwaerts Brass Quintett in der Martin-Luther-Kirche zu Gast

Von Ina Wagner

Emden. Das Jeroen Berwaerts Brass Quintett hatte sich in der Martin-Luther-Kirche ein Programm vorgenommen, das weit gespannt war und barocke Komponisten einbezog, einen Ausflug in die Romantik unternahm und dann bei den Beatles und Glenn Miller endete.

Ihre Vorliebe sei die Musik der Barockzeit, machte Trompeter Jeroen Berwaerts, und entsprechend begann das Konzert mit der Bach-Fuge g-Moll (BWV 578). Diese wurde – wie nicht anders zu erwarten – mit Perfektion gespielt, litt aber unter der mächtigen Akustik der Lutherkirche, die für Bläser grundsätzlich nicht ideal ist, weil sich der Nachhall recht massiv bemerkbar macht. Verstärkt wurde diese Tatsache durch die pandemiebedingt kleine Besetzung des Raumes mit Publikum. Man hörte also eine doppelte Fuge, was ein recht interessantes Klanggebilde ergab.

In der luftigen Martin-Luther-Kirche in Emden: das Jeroen Berwaerts Brass Quintett. Bilder: Karlheinz Krämer

Doch schon bei Telemanns Triosonate a moll, TWV 42:a6 änderte sich das akustische Umfeld, es gewann an Fülle und klangvoller Substanz. Mag das an dem leichteren, tänzerischen Stil des Komponisten liegen, den Berwaerts in seiner Moderation erwähnte?

So richtig in Fahrt kamen die Musiker bei der ersten Originalkomposition für Bläser-Quintett von Viktor Ewald. Und in der Tat spürte man, dass dieser Komposition sehr individuell auf die Möglichkeiten der Instrumente einging. Zudem ist das Quintett Nr. 1 op. 5 ein höchst gelungenes Stück Musik aus dem späten 19. Jahrhundert, romantisch verhaftet, aber mit Elementen, die ein waches Zuhören erfordern.

Zurück ging es ins Barock, ins französische Barock. Jean Philippe Rameaus tänzerische Stücke aus der „Dardanus Suite“ führten in eine Zeit, als der Versuch, neue Entwicklungen in die Musik einzuführen von den Anhängern der vergleichsweise traditionellen Kompositionen des berühmten Jean-Baptiste Lully, grundsätzlich abgelehnt wurde. Für heutige Ohren präsentierte sich besonders „Tambourin“ als schwungvoll-belebender, fröhlicher Tanz, bei dem man sich eigentlich nur fragen konnte, wie es möglich ist, ein derartiges forciertes Tempo so sauber auf Blasinstrumente zu übertragen, wie es dem Brass Quintett gelang.

Jeroen Berwaerts mit seiner Trompete vor der Publikumskulisse.

Dann kam ein Zeitsprung. Vom 18. ins 20. Jahrhundert – erst ein Medley mit Beatles-Songs, dann Glenn Miller. Und da kannte die Begeisterung der Besucher in der Martin-Luther-Kirche dann kaum noch ein Halten, denn die fünf Bläser erzeugten Bigband Sound. Und zwar einen der mitreißenden Art. Nicht nur die „Moonlight Serenade“ sondern auch „American Petrol“ oder „In the Mood“ waren geeignet, zumindest gedanklich ein paar Tanzschritte zu wagen. Langer Applaus belohnte diese bemerkenswerte Leistung.

Gibt es auch wieder: etwas Catering vor Konzertbeginn, hier im Garten vor der Luther-Kirche am Bollwerk.

Zum Schluss gab es noch einmal Bach – seinen Choral „Bist Du bei mir“ für Bläser-Quintett, wunderbar zart und melodisch gespielt. Und dann war das Konzert schon wieder zu Ende. Das Gefühl eines energischen „Leider“ verband in diesem Moment Instrumentalisten und Publikum.

Es spielten: Jeroen Berwaerts und Stefan Schultz (Trompete), Maciej Baranowski (Horn), Nawomi Yoshida (Posaune) und Maximilian Wagner-Shibata (Tuba).

► Das Konzert wurde vom Deutschlandfunk aufgezeichnet. Ein Sendetermin ist noch nicht bekannt.