Eine höchst beschwingte „Lange Nacht“

Aurich. Lange Nacht der Gezeitenkonzerte. Volles Haus. Beste Stimmung. Tolle Leistungen der 13 beteiligten jungen Künstler. Oder, wie Matthias Kirschnereit, Gezeiten-Intendant und einer der beiden Moderatoren des Abends – der andere war der ebenso routinierte Ulf Brenken -, sagte: „Ein herrliches Format.“ Zudem war es ein Format, dass sich zwischen Schauspiel, Gesang, Liedbegleitung und reinen Instrumentalstücken bewegte, teilweise unbekannte Komponisten vorstellte und somit viel Spaß machte.

Mächtiger Ton aus der Tuba: Andrii Stadniuk mit Tobias Reikow, Aleksandar Jordanovski und Johannes Bettac. Bilder: Karlheinz Krämer

Den ernsten Part übernahm ein Quartett mit ukrainischen Musikern aus einem Exilorchester, die aber in dieser Formation erstmals zusammen spielten – unter anderem mit dem Tubisten Andrii Stadniuk, der Arild Plaus „Konzert für Tuba und Streicher“ aufführte, ein Werk, das man wohl öfter hören muss, um seine Reize zu erkennen, das aber für die Tuba ein enorm breites Betätigungsfeld bot.

Hatten sich erst einen Tag vor ihrem gemeinsamen Auftritt kennen gelernt: Marie Hauzel und Clara de Groote

Dann gab es viel Virtuoses. So interpretierte die erst 21-jährige Pianistin Marie Hauzel „La Valse“ von Maurice Ravel, die Apotheose einer ganzen Epoche, die „absurd schwer zu spielen ist“, wie Kirschnereit sagte. Marie Hauzel schaffte es in beeindruckend fingerfertiger Weise.

Zwischen Merkur und Meerjungfrau: Schauspielerin Annika Gräslund

Ganz phantastisch waren auch Bariton Frederik Schauhoff und Pianistin Anastasia Grishutina, die unter anderem drei Balladen-Vertonungen von Schumann, Mahler und Loewe als kleinen Zyklus von „Nachtstücken“ präsentierten. Schauhoff – mächtige, sehr schöne Stimme und viel mimisches Talent, Grishutina – kongeniale Begleiterin auf dem Klavier, verwandelten die Lieder in hochdramatische Bilder von imaginierender Kraft. Das gelang ihnen auch mit einem sechsteilige Liederzyklus von Schumann.

Tolles Team: Anastasia Grishutina und Bariton Frederik Schauhoff

Clara de Groote spielt klassisches Schlagwerk und bestach unter anderem in „Piazonore“ für Vibraphon und Klavier, der Komposition eines anderen Mitglieds der Gezeiten-Familie, Alexej Gerassimez. Eine schauspielerische Collage präsentierte Annika Gräslund, die zum Schluss auch noch sang und bei ihrer „Carmen“-Arie einen glasklaren Sopran präsentierte.

Taten sich für den 3. Akt der Langen Nacht zusammen: Tobias Reikow, Marie Hauzel, Johannes Bettac und Aleksandar Jordanovski

Tobias Reikow (Fagott) und Johannes Bettac (Klavier) bestachen nicht nur mit einer wunderbar gespielten Sonate von Camille Saint-Saëns, sondern hatten ihren besonderen Spaß im dritten Teil des Abends, in dem die Mitwirkenden, die sich zumeist erst seit einem Tag kannten, frei agieren konnten. So ergaben sich wunderbare Kombinationen, spontan gebildete Gruppierungen bis hin zum Quintett, die zwischen „Libertango“ und Salonmusik für einen höchst beschwingten Ausklang der „Langen Nacht“ gegen Mitternacht sorgten. In bester Laune brachte sich dabei Aleksandar Jordanovski mit breitem Lächeln immer wieder als Bratscher ein.

Das ukrainische Quartett spielte in der Besetzung: Daria Tarasova, Yevheniia Zeziukova (Violinen), Alexandar Jordanovski (Viola) und Olga Driga (Violoncello)

Auch Andreii Stadniuk nutzte die Gelegenheit, virtuose Spielereien von höchster Qualität auf der Tuba vorzuführen. Pianistin Anastasia Grishutina erwies ihre Qualitäten als sich selber begleitende Sängerin, wobei ihr Partner Frederik Schauhoff als „Mikrophon-Halter“ fungierte. Der zweite Schauspieler im Team, Hannes Baake zeigte anhand des „Erlkönigs“ Paradoxien des Schauspiels auf.

Der „Erlkönig“? – Oder doch nicht? Schauspieler Hannes Baake spielte ein Verwirrspiel
Schlussbild mit den Moderatoren Ulf Brenken und Matthias Kirschnereit