„Das Alter ist doch völlig egal!“

Emden. Die Emder Shanty Gruppe hat einen neuen Vorsitzenden: der 84-jährige Uli Goebel löst den 79-jährigen Klaus Körber ab. Bei der jüngsten Mitgliederversammlung stimmten die Sänger einstimmig für ihn. Und mindestens zehn Jahre wolle er dann auch im Amt bleiben, lacht der gebürtige Kölner Goebel. Das zahlenmäßige Alter spielt für ihn keine Rolle. „Das ist doch völlig egal.“ Wichtiger ist ihm, dass er Zeit und Lust auf das Ehrenamt hat, dass er erfahren genug ist, „den Job zu machen“. Vor allem aber, und das betont er ganz besonders, sei er mit Leib und Seele „ein Shantyman“. Der Arbeitsgesang der Seeleute auf Tiefwasserseglern liegt ihm im Blut – etwas rau, muss er ein, nicht ganz perfekt, dafür aber mit Herz und kraftvoller Stimme.

Uli Goebel als Vorsänger mit einigen seiner Sängerkollegen der Emder Shanty Gruppe. Bild: Wagner

Und die ewige Frage, ob denn eine Shanty Gruppe nicht nur Shantys, sondern auch Seemannslieder und maritime Schlager singen solle, ist für Goebel bereits entschieden. Unter seiner Ära soll das Arbeitslied wieder mehr gepflegt werden. Punktum. Zurück zu den Wurzeln – das ist seine Haltung. Denn Goebel hat damals, vor mehr als 50 Jahren, die Shanty Gruppe mit aus der Taufe gehoben. Und die hatte sich ganz bewusst „Gruppe“ und nicht „Chor“ genannt, eben weil sie an die Ursprünge der Seefahrt erinnern wollte – an Lieder, die bei den schweren Arbeiten an Bord die eintönigen Bewegungsabläufe erträglicher machten.

Goebel war jahrzehntelang der „Whisky Jonny“. So heißt sein Lieblings-Shanty, bei dem er stets den Vorsänger machte. Und so schwärmt er von den vielen „uralten Shantys“, die die Sänger im Programm hatten und die ihnen mehrere Fernsehauftritte einbrachten. „Unser Haus in der Schmiedestraße wurde mit den Geldern aus diesen Auftritten bezahlt.“ So ist die Gruppe selbständig – und wandert doch dann und wann in andere Räumlichkeiten. Denn seit vor drei Jahren der Gitarrist Robert Willms zu ihnen stieß, stehen Workshops auf dem Programm, bei denen unter anderem auch Stimmbildung betrieben wird. Mit Erfolg: Die Stimmen der Männer strotzen vor Kraft, und auch die Lautstärke stimmt. Manchmal wird es sentimental. Auch dafür gibt es Spezialisten. „Wir verfügen über viele, sehr gute Vorsänger“, sagt Uli Goebel mit einigem Stolz in der Stimme.

Wie kommt ein Kölner zu Shantys? „Na, ich bin doch sieben Jahre zur See gefahren und habe es bis zum Chief gebracht.“ Die Seefahrt bot ihm, das sagt Goebel ganz offen, eine Alternative, als er mit der anstehenden Bundeswehrzeit fremdelte. Und da er eine Ausbildung zum Maschinenschlosser gemacht hatte, fand sich der 20-Jährige an Bord gleich zurecht – immer auf Schiffen von Hamburger Reedereien. Dann hatte der nunmehr 27-Jährige von der Seefahrt genug. Er ging in die Wirtschaft und sollte als Betriebsleiter ein Acetylenwerk aufbauen – in Emden. Als er es schaffte, den Betrieb drei Monate früher als geplant in Gang zu bringen, sollte er nach Hamburg zurückkommen und dort weitere Projekte betreuen.

Doch inzwischen war Goebel beim Emder Segelverein heimisch geworden. „Dort spielte sich damals das gesellschaftliche Leben ab.“ Es gefiel ihm. Er blieb. Und Gelegenheit, Projekte anzuregen, fanden sich für den Umtriebigen genug. 40 Jahre blieb er beruflich gebunden – als Geschäftsführer des Bezirksverbandes Ostfriesland des Deutschen Verbandes für Schweißtechnik. Doch Ehrenämter betreute er daneben viele. Und genau dort will er nun wieder anknüpfen – als Vorsitzender der Shanty Gruppe Emden.

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