Sammeln ist aufwendig, Ent-Sammeln noch mehr

Emden. Ganz zum Schluss des Vortrags von Dr. Thomas Overdick im Rummel des Rathauses am Delft ging es zur Sache. Die Äußerungen des Geschäftsführers des Museumsverbandes Niedersachsen und Bremen e.V. zum Thema „Sammlung oder Sammelsurium – Warum Museen Konzepte für das Sammeln brauchen“ lösten die Zungen der Anwesenden. Denn Overdick, der auf Einladung von 1820dieKUNST im Rahmen der „Neuen Dienstagsrunde“ sprach, machte nicht nur deutlich, dass das museale Sammeln ein klares Konzept braucht, sondern er sprach auch die Notwendigkeit zum „Ent-Sammeln“ an – was ebenfalls nach festen Regeln erfolgen müsse. „Dürfen wir uns überhaupt von musealen Dingen trennen? Und wenn ja, wie?“ fragte er und listete ein Fülle von weiteren Aspekten auf, die es zu klären gelte – von der Frage des Regionalbezuges bis zum Seltenheitswert. Auch das Erstellen einer Sammlungsrichtlinie verlange „kein Hexenwerk“. Wichtig sei indes, auch beim Sammeln „Nein!“ sagen zu können.

Referierte in Emden: Dr. Thomas Overdick, hier mit KUNST-Vorsitzendem Gregor Strelow

Der ehemalige Vorsitzende von 1820dieKUNST, Dr. Reinhold Kolck, verwies für Emden auf die Schwierigkeit, Entscheidungen zu finden – angesichts der doppelten Trägerschaft des Ostfriesischen Landesmuseums. Dass in Emden derzeit gar kein neues Sammlungsgut angenommen wird, fand Landschaftspräsident Rico Mecklenburg nicht sinnvoll. „Nichts mehr annehmen, geht gar nicht. Dann muss man eben die Kapazitäten erweitern.“ Die Ostfriesische Landschaft baut gerade in der Auricher Kaserne das Sammlungszentrum für historisches ostfriesisches Kulturgut (ShoK) auf. Emden trägt dieses Konzept nicht mit. Da zugleich das Borssumer Magazin des Landesmuseums aus allen Nähten platzt, besteht derzeit der Annahmestopp für Sammlungsgut.

Der neue KUNST-Vorsitzende Gregor Strelow sieht ebenfalls die Notwendigkeit zum Ent-Sammeln, fragt sich aber, wer letztlich entscheiden solle, wovon man sich trennt. Er verwies exemplarisch darauf, dass sich im Magazin eine historische Stadtansicht von Nürnberg befinde. Die könne man sicherlich abgeben. Aber das sei nicht so einfach, weil zunächst festgestellt werden müsse, ob die Karte womöglich als Schenkung in den Besitz der „KUNST“ gekommen und mit gewissen Bedingungen verknüpft sei.

Dirk Heisig, Leiter der musealen Fortbildungsmaßnahme „Musealog“, betonte nachdrücklich, dass das Ent-Sammeln ebenso viele Ressourcen verbrauche wie das Sammeln. Damit seien dann Kräfte gebunden, die womöglich für den Sammlungsaufbau dringender benötigt würden. Heisig ist Experte auf dem Gebiet. Der Diplomsozialwissenschaftler lehrte unter anderem Dokumentation und Sammlungsmanagement an der Universität Oldenburg und hatte schon 2007 einen Band “Ent-Sammeln. Neue Wege in der Sammlungspolitik von Museen“ als Tagungsband eines Museums-Symposiums herausgegeben, der sich exakt mit der Problematik der Qualifizierung von Sammlungen beschäftigte.