Ein schweres Thema in zwei Varianten

Emden. Die Gesellschaft der Freunde der Johannes a Lasco Bibliothek ist inzwischen bekannt dafür, sich literarisch auch heiklen Themen zu nähern. Am Donnerstag, dem 23. März, geht es um zwei Theologen, die sich – jeder auf seine Weise – zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus verhalten. Dietrich Bonhoeffer wird sein schon früh geäußertes Widerstreben mit dem Tod bezahlen. Harald Poelchau begleitet in den zwölf Jahren zwischen 1933 und 1945 mehr als 1000 Menschen zur Hinrichtung. Er war es auch, der Bonhoeffer während seiner Haft in Tegel nahezu täglich besuchte.

Klaus Frerichs „Reminiszenzen“: unten links 1. Weltkrieg, rechts daneben die 20er Jahre, darüber die Zeit des Nationalsozialismus mit den grauen Menschen

Zwei Männer, zwei Theologen – der eine nimmt aus seinem christlichen Verständnis heraus entschieden und öffentlich Stellung gegen das herrschende Regime, der andere erduldet die Jahre, hilft aber in seinem selbst errichteten „Untergrund“. Poelchau schmuggelt Briefe und Nachrichten aus dem Gefängnis, vermittelt Juden Schutzunterkünfte und wird trotz der vielen Menschen, die ihm bei seinem Tun halfen und trotz seiner Nähe zu den Hitler-Attentätern nicht verraten. „Beispiele für inneren und äußeren Widerstand“ nennt Klaus Frerichs vom Vorstand der „Freunde“ diese beiden Biographien, die auch ganz unterschiedlich enden.

Bonhoeffer stirbt 1945 im KZ Flossenbürg, wo man ihn über sechs Stunden bis zu seinem Tod stranguliert. Poelchau lebt bis 1972, nachdem er das „Hilfswerk evangelischer Kirchen mit aufgebaut und dann einen Lehrauftrag für Kriminologie und Gefängniskunde erhalten hatte. Er war 1949 bis 1951 wieder Gefängnispfarrer in Tegel und wurde 1951 der erste Sozial- und Industriepfarrer der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg.

Jemand, der sich intensiv mit den beiden Theologen auseinandergesetzt hat, ist der Bremer Rechtshistoriker Professor Dr. Christoph Ulrich Schminck-Gustavus. Unter dem Thema „Seelsorge als Widerstand“ wird er in Emden referieren und dabei Fragen nachgehen wie: Was machte Bonhoeffer für die Nazis so bedrohlich? Wie hat Poelchau es aushalten können, Tag für Tag Menschen zur Hinrichtung begleiten zu müssen? Und nicht zuletzt: Welche ethischen, theologischen und rechtlichen Grundeinsichten haben Bonhoeffer ud Poelchau geleitet?

Frerichs hat sich selber ausführlich mit Grundlagen des Verhaltens im Widerstand beschäftigt. In einem seiner Gemälde mit dem Titel „Reminiszenzen“ ist in einer sehr zentral gestellten Szene ganz in Grau dargestellt, wie er das Thema inhaltlich füllt. Da gibt es Rückansichten von Menschen, deren Individualität unter Regenschirmen verschwindet, und es gibt einen Mann, der frontal auf den Betrachter zugeht, sein Gesicht aber unter einem Hut verbirgt. „Der Hut ist für mich nicht nur Zeichen des Wegduckens, sondern zugleich auch der menschlichen Würde“, sagt Frerichs, einer Würde, die trotz des Versuchs, sich unsichtbar zu machen, unstrittig ist. Letztlich seien auch dies zwei Varianten des Widerstandes.

► Am 23. März beginnt die Veranstaltung um 19 Uhr in der Johannes a Lasco Bibliothek. Eine Einführung in den Abend gibt Pastor Bert Gedenk, der während seines Theologiestudiums unter anderem über Bonhoeffer gearbeitet hat. Eintritt auch für Nichtmitglieder frei. Die Bücherstube am Rathaus bereitet wieder einen Büchertisch vor