Atemlos in die Nacht

Emden. Wenn in diesen Zeiten jemand ein Programm mit dem Titel „Relax“ anbietet, dann könnte man entweder misstrauisch werden – Entspannung in diesen miesen Zeiten? – oder man könnte sich demonstrativ darauf einlassen – und sich unversehens bestens unterhalten sehen.

Das Wintergarten Varieté aus Berlin bot mit der Show „Relax“ eine Mischung aus einem Konzert mit Songs der 80er Jahre und Akrobatik zu Boden, zu Rollschuh und zu Luft, sowie eine auf Plateau-Sohlen stöckelnde Drag-Queen in bizarren Kostümen. Das alles wurde begleitet von den hämmernden Bässen einer Live-Band und von Sängern mit ausgesprochen guten Stimmen. Statt eines Bühnenbildes gab es viele Lichteffekte, steigenden Kunstnebel und Hintergrundprojektionen mit gerasterten Grafik-Mustern.

Somit personell und optisch gut ausgestattet, entfaltete sich der Abend zu einer Performance mit nahtlos ineinander übergehenden Nummernfolgen, die geschickt eingebunden wurden in das musikalische Programm der ausgezeichneten Band und den Beiträgen der Sänger, die mit spritzigem Engagement bei der Sache waren und ihre Songs mit Verve vertraten.

So entstand ein kraftvolles Mosaik aus der Musik und den artistischen Darbeitungen, die ein breites Feld abdeckten – von der Vertikaltuch-Akrobatik, der Hula-Hoop-Artistik, einem Rollschuh-Act, Schwarzlicht- und Ball-Jonglagen, Bodenakrobatik bis zur Akrobatik mit dem Luftreifen, wobei sich zwei Akteurinnen – wie ist es möglich – einen Reifen „teilten“. So etwas live zu erleben, war eindrucksvoll. Dazu gab es musikalische Nummern zwischen „What a feeling“, „Der Kommissar geht um“ und „Like a Virgin“. Abwechslung brachten zwei Riesengespenster, deren Auftritt natürlich von der Filmmusik zu „Ghostbusters“ begleitet wurde.

Das Publikum in der sehr gut besuchten Nordseehalle zeigte sich beeindruckt, sog das Programm nach langem Kulturstillstand gierig in sich ein und fühlte sich bestens unterhalten. Das war aber auch berechtigt, denn das Berliner Ensemble lieferte ein hochklassiges Programm von spektakulärem Anspruch und in einem Tempo, das die Besucher atemlos in die Nacht entließ.