Licht- und Schattenseiten

Emden. Die Liste seiner Werke ist beeindruckend und sehr lang. Gerhard Henschel (Jahrgang 1962) ist ein Autor, der eine Meinung hat und diese auch vertritt. So schildert ihn jedenfalls Klaus Frerichs vom Vorstand der Gesellschaft der Freunde der Johannes a Lasco Bibliothek den Schriftsteller und Übersetzer, der am 12. Mai um 19 Uhr in der Bibliothek zu erleben ist.

Erlebt hat Frerichs den vielschichtigen Literaten auch in seinem Heim. Henschel war bei seinem letzten Besuch in Emden Gast bei Gabriele und Klaus Frerichs. Und nach einem Vortrag bei den „Freunden“, sowie einem Abendessen in privater Runde mit vielen Gesprächen, bekannte Henschel, dass er nun – es ging auf zwei Uhr -, wenn es denn den Gastgebern nichts ausmache, gerne an die Arbeit gehen würde. Henschel – ein Nachtarbeiter. „Und selbst am frühen Morgen saß er noch am Computer und schrieb“, staunte Frerichs nicht schlecht, als er den Gast zum Frühstück wecken wollte, ihn aber unverdrossen schreibend im Gästezimmer vorfand.

Henschel ist bekannt geworden durch seine Schlosser-Romane, Seit 2004 schreibt er an dem Familienroman mit seinem Protagonisten Martin Schlosser. Neun Bände sind inzwischen erschienen. Aber Henschel schreibe auch anderes, sagt Klaus Frerichs und zieht aus dem ansehnlichen Bücher-Stapel mit Werken des gebürtigen Hannoveraners, den er vor sich auf dem Tisch aufgebaut hat, einen zerlesenen älteren Band „Drin oder Linie“. Es handelt sich um einen Beitrag zum berühmten dritten Wembley-Tor von 1966.

Spektakulär sind auch seine sogenannten „Überregional-Krimis“, in denen Henschel Krimiautoren in derselben Weise „ermordet“, wie diese ihre Opfer in ihren Romanen. Dann wiederum thematisiert Henschel ganz ernsthafte Sachthemen, oder er lässt sich auf eine Konfrontation mit der „Bild-Zeitung“ ein. Ein Porträt über den Schriftsteller Walter Kempowski sei schließlich der Anlass für die Lesung in Emden gewesen, erläutert Frerichs. Dieser sei nämlich von der Kritik jahrelang geschmäht und missachtet worden, obwohl seine Bücher wie „Tadellöser & Wolff“ oder „Echolot“ Bestseller wurden.

Henschel, der in der Lüneburger Heide lebt, wird jetzt also einen Streifzug durch die Geschichte der deutschen Literaturkritik unternehmen, und er will dabei nach eigenen Worten zutage fördern: Kurioses, Lustiges, Skandalöses, Ernstzunehmendes, Lächerliches. In den Blick nimmt er nicht nur Kempowski, sondern auch Johann Wolfgang von Goethe, Kurt Tucholsky, Robert Gernhardt, Karl Kraus oder Johannes Mario Simmel. Von der Literaturkritik sei er oft verwöhnt worden, betont er, aber er kenne durchaus auch die Schattenseiten des Geschäfts.

► Die Lesung von Gerhard Henschel trägt den Titel „Richter oder Henker. Autoren und die Literaturkritik“. Sie findet am Donnerstag, 12. Mai, ab 19 Uhr in der Johannes a Lasco Bibliothek statt. Die Bücherstube am Rathaus bereitet einen Büchertisch vor. Der Eintritt ist frei.