Ostfriesland-Biennale – Das Format funktioniert
Große Podiumsdiskussion im Forum der Ostfriesischen Landschaft
Aurich. Eigentlich waren sich alle Teilnehmer des Podiums einig: Das Konzept der diesjährigen ersten Ostfriesland-Biennale war überzeugend, hat Potential und damit auch Zukunft. Dies vor allem auch, weil „der Boden dafür seit 30 Jahren vorbereitet“ wurde, wie Landschaftspräsident Rico Mecklenburg sagte: Künstler, die hier ansässig werden und ihre Ateliers führen, Kunsttage, Ausstellungen, die Arbeit der Kunsthalle in Emden und tragfähige Netzwerk-Projekte wie „Garten Eden“ und die drei Nachfolge-Veranstaltungen, an denen sich die meisten Museen und Einrichtungen in Ostfriesland beteiligten – all das hätte die Grundlage gelegt, um der „Biennale“ den Weg zu bereiten.
Die dreimonatige Veranstaltung ging nun zu Ende. Die Veranstalter der Biennale hatten daher zu einem abschließenden Podium eingeladen. „Ode an Ostfriesland – Perspektiven einer Kulturlandschaft“ – das war das Thema im Forum der Ostfriesischen Landschaft. Dass dies keine dröge Veranstaltung wurde, sondern eine bunte Plauderei, in der sich Stereotype ebenso wiederfanden wie resümierende Elemente, dafür sorgte Jens Paulus als Moderator. Paulus gehört zum Biennale-Verein und hatte sich bestens auf das Podium vorbereitet, so dass es weder Längen noch Pausen gab, alle Teilnehmer fast gleichwertig in das Gespräch einbezogen wurden und die Fragestellungen genügend Offenheit bot, um das Thema ausgiebig zu besprechen.
Und in diesen Fragen ging es um den Heimatbegriff, wozu Poetry-Slammerin Sylvie Gühmann einiges durch ihre gereimte Heimat-Definition beitrug. Es ging um Identität, wobei Schauspieler Uke Bosse von seiner Ostfriesland-Wanderung berichtete und damit seinen Anspruch erfüllte, sich die Heimat „durch eine mystische Wanderung zu sich selbst“ zu erlaufen.
Können sich Ostfriesen quasi instinktiv in der Fremde erkennen? Diese Frage von Jens Paulus wusste Willem Justus Müller, Jurist, Künstler und Vorstandsmitglied des Biennale-Vereins, eindeutig zu bejahen, denn nur so sei die Biennale überhaupt ins Leben gerufen worden. Er habe auf einer Ausstellungseröffnung in Berlin zufällig die bestens in der Galerie-Welt vernetzte Ina Grätz getroffen – beide sind in Aurich zur Schule gegangen. Man sei über den Landschafts-Begriff ins Gespräch gekommen und aus diesem Brainstorming entstand schließlich die Idee, international bekannte Künstler nach Ostfriesland und Groningen zu bringen. Mitstreiter fanden sich in der Kunst-Szene schnell, und so wurden aus den fünf Künstlern, die man ansprechen wollte, schließlich 30.
Ilka Erdwiens, Marketing-Chefin der Kunsthalle, sieht in der Entschleunigung, die die ostfriesische Landschaft garantiert, den „Opener“ für Veranstaltungen wie die Biennale, die auf Akzeptanz stoßen, weil sich die Menschen – bei aller angeblichen Sturheit – darauf einließen. Ilka Erdwiens bezeichnete dies als „ein Erbe der Notwendigkeit, gemeinschaftlich mit anzufassen – etwa beim Deichbau“.
Wünsche aus dem Publikum gab es auch. Eine Vertreterin des Berufsverbandes bildender Künstler in Ostfriesland monierte, dass die in Ostfriesland arbeitenden Künstlerinnen und Künstler nicht einbezogen worden seien, dabei hätten diese es besonders schwer, von ihrer Arbeit auch zu leben. Willem Müller betonte, dass das Konzept nur mit internationalen, bekannten Künstlern aufgehe, dass man aber versuchen wolle, Lösungen auch hierfür zu finden – schließlich sei die 1. Biennale ja ein Pilot-Projekt.
Ausdrücklich beklagt wurde die geringe Resonanz bei den hiesigen Medien, während Stern, Zeit, ntv, RTL, dpa allesamt Beiträge und Interviews gebracht hätten. Kunsthallen-Stifterin Eske Nannen nannte das Projekt „großartig“ und kündigte für die nächste Veranstaltung in zwei Jahren die Mithilfe der Kunsthalle an. Und die Direktorin des Ostfriesischen Landesmuseums, Jasmin Alley, machte deutlich, dass die zeitgenössische Kunst, die im Rahmen der Biennale im Museum untergebracht war, ihr geholfen habe, aktuelle Themen wie den Klimawandel künstlerisch zu vermitteln. Das sei ihrer Aufgabe entgegen gekommen, das Haus an die heutigen Museumsstandards anzupassen.