„Platt macht schlau!“

Aurich. Der Besuch des niedersächsischen Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) bei der Ostfriesischen Landschaft hatte mehr als nur symbolische Bedeutung. Tonne hatte sich am Donnerstag (15. September) angemeldet, um die Arbeit des Plattdüütskbüros und des saterfriesischen Pendants zu würdigen. Explizit ging es dabei um die Entwicklung des Plattdeutschen und des Saterfriesischen als reguläres Unterrichtsfach. Grietje Kammler, Leiterin des Plattdüütskbüros, stellte dann auch zufrieden fest: „Wir sehen, dass der Kultusminister es mit der Akzeptanz der Minderheitensprache als Schulfach ernst meint.“

Gruppenbild mit Minister beim Treffen im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft. Bilder: Sebastian Schatz

Tonne würdigte die Ostfriesische Landschaft mit Blick auf deren Anliegen der Sprachförderung als „Fels in der Brandung“. Er schilderte die Fortschritte der Einbindung des Niederdeutschen in den pädagogischen Bereich, wo rund 300 Schulen regionalsprachliche Angebote vorhielten – immerhin seien das, so Tonne, zehn Prozent aller niedersächsischen Einrichtungen. Mit der Gründung des Länderzentrums für Niederdeutsch gGmbH (LZN), das in Bremen angesiedelt wurde und in dem sich vier norddeutsche Bundesländer zusammengetan haben, um einen übergreifenden „Schutz, Erhalt und die Weiterentwicklung des Niederdeutschen“ zu gewährleisten, sei ein „Meilenstein“ erreicht worden. Um das Niederdeutsche als Unterrichtsfach anbieten zu können, laufe derzeit an 16 Schulen das Modellprojekt „Niederdeutsch als Fremdsprache“. Acht der 16 Schulen liegen in Ostfriesland.

Sangen plattdeutsche Songs: Talea und Enno

Zur Umsetzung des Projektes braucht es Lehrbücher. Für die Klassen 1 bis 4 liegt dieses bereits vor. Die beiden Lehrerinnen Edith Sassen und Ingeborg Remmers von der Litje Skoule Skäddel (Grundschule Scharrel) haben Unterrichtsmaterial für das Plattdeutsche und das Saterfriesische selber entwickelt und übersetzt. Es liegt inzwischen gedruckt vor. Für die sich anschließende Sekundärstufe I wurde ein niederdeutsches Lehrbuch ins speziell ostfriesische Platt übertragen. Es heißt im Original „Snacken, proten, kören“ und sei, so sagt Grietje Kammler, didaktisch hervorragend für den Unterricht geeignet. „Und ich muss das wissen, denn das Plattdüütskbüro hat die Übersetzung erarbeitet.“

Amüsierte sich bei einer Lesung auf Plattdeutsch an der ostfriesischen Teetafel im Ständesaal: Grant-Hendrik Tonne

Die saterfriesisch unterrichtenden Lehrer haben es indes nicht allein beim Lehrbuch belassen, sondern die Texte auch einsprechen lassen, um im Unterricht die Sprachfähigkeit zu fördern und flexibler arbeiten zu können. Als native Speaker fungierten dabei drei Jugendliche: Lena Blechschmidt, Leon Blechschmidt und Simon Schade.

Tonne betonte, dass Bilingualität im Unterricht ein probates Mittel sei, um die geistige Entwicklung zu fördern. Sprache sei der Anker in einer sich immer schneller drehenden Welt, denn: „Platt macht schlau!“ Die bisherige Entwicklung lasse es sinnvoll erscheinen, weiterzumachen, denn sonst müsse man von Verschwendung sprechen. „So gut es geht wird das Ministerium weiter unterstützen“, versprach der Minister.

Pioniere der Entwicklung plattdeutscher und saterfriesischer Lehrwerke: Edith Sassen und Ingeborg Remmers aus Scharrel

Tonne hatte sich für seinen Besuch eine Stunde Zeit genommen, um mit vielen Schülern und Lehrern bei Tee und Küchen etwas plattdeutsche Luft zu schnuppern. Er bekam eine gesangliche Kostprobe auf Platt von dem Duo Talea + Enno. Eine Gruppe von Schülern der Hermann-Tempel-Gesamtschule las eine moderne, heitere Fassung des Märchens „Hänsel und Gretel“ und bewies dabei, dass das auch mit drei Sprachen funktioniert – Hochdeutsch, Plattdeutsch und Englisch.

Eingangs hatte Landschaftspräsident Rico Mecklenburg darauf verwiesen, dass an sieben Schulen in Ostfriesland und zweien im Saterland die Regionalsprache unterrichtet werde.