Wortschätze des Plattdeutschen

Großefehn. Dr. Lübbert R. Haneborger, in Ostfriesland bekannt als Schöpfer von Kriminalromanen in kleinräumigen Milieus, hat nun einen Essay herausgegeben, der sich mit der plattdeutschen Sprache befasst und speziell deren Bildhaftigkeit in den Blick nimmt. Das er gerade auf diesen Aspekt hinweist, kommt nicht von ungefähr, denn der Germanist, Philosoph und Kulturwissenschaftler bewegte sich in der Vergangenheit vielfach auch im Bereich der Kunst. Somit ist er vertraut mit der Wirkung des Bildhaften. Und in so fern kann er sich seinem Thema aus verschiedenen Erfahrungsbereichen nähern.

Lübbert Haneborger mit seinem Essay und den bekannten „Echte Oldersumer“-Krimis. Bild: privat

Wer nun in dem schmalen Band eine Liste mit solchen Sprachbildern erwartet, liegt falsch. Haneborger untersucht in seiner Betrachtung, welche inneren und äußeren Befindlichkeiten es mit solchen Redensarten auf sich hat. Er gibt Hinweise und Verweise auf Literatur und Sprachgebrauch. Warum tut er das?

Viele dieser bildsatten Begriffe und Sätze drohen zu verschwinden, weil ihre Bedeutung nicht mehr erkannt wird. Warum ist das so? Weil diese Redensarten aus Bereichen des Arbeitens und des ostfriesischen Alltags kommen, die es heute kaum noch gibt. „So verrät manches Sprachbild über das Gemeinte hinaus viel über das Zusammenleben, die Kulturgeschichte und das kollektive Bewusstsein seiner meist unbekannten Schöpfer“, heißt es im Vorwort seines 40-Seiters. Und Haneborger verweist auf Identität und Zugehörigkeitsgefühl, das sich in solchen Begriffen auch ausdrückt. Es handle sich um „reine Wortschätze“, ist der gebürtige Auricher überzeugt.

Haneborger will also nicht selber sammeln und sortieren. Er möchte auf ein Desiderat aufmerksam machen und anregen, es zu erschließen und zu füllen. Und er geht in seiner Argumentation noch weiter. Sieht er doch in der Arbeit an und mit dieser Kulturleistung einen Beitrag für die Zukunft.
„Denn die bildliche Rede im ostfriesischen Niederdeutsch ist immaterielles Kulturerbe in seiner reinsten, aber zugleich flüchtigsten Form.“

Gewidmet ist der Essay dem Plattdeutsch-Enthusiasten, Autor und einstigem Pädagogen Johannes Diekhoff (1919 bis 2013), ebenfalls – wie Haneborger – ein Auricher.

► Lübbert R. Haneborger „Die Kultur der bildlichen Rede in Ostfriesland. Zur Bedeutung der bildhaften Sprache und redensartlichen Philosophie im Plattdeutschen“, 40 Seiten, Books on Demand, Edition KüstenKompass, 2023. ISBN 978-3-758-30438-5, Preis: 8,99 Euro

► Dr. Lübbert R. Haneborger, E-Mail: l.r.haneborger@t-online.de

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