Neue Wertschätzung für alte Museumsstücke

Emden. Die Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer hat gestern ihre Aktion „Paten retten Museumsschätze“ gestartet. Gesucht werden Kunstfreunde, die für die Restaurierung musealer Objekte eintreten und bereit sind, die Kosten dafür zu tragen. Die Initiative, die mit großem Erfolg 2005 erstmals durchgeführt wurde, richtet sich in diesem Jahr auf 50 Ausstellungsstücke aus dem Magazin, die für die Nachwelt gesichert werden sollen. Diese werden im Rahmen einer kleinen Ausstellung im 3. Stock des Hauses gezeigt. In einer Pressekonferenz stellten Kunst-Vorstandsmitglieder gestern diese Präsentation vor, die am Sonntag, 2. Oktober, um 11.30 Uhr im Rummel eröffnet wird.

Kuratorin Dr. Annette Kanzenbach und Kunst-Vorsitzender Gregor Strelow im Ausstellungsbereich

Bei den ausgewählten Objekten handelt es sich um Porträts, Tierbilder, Landschaften, Graphiken, Gebrauchs- und Alltagsgegenstände, aber auch um Skurrilitäten wie Überschuhe aus Holz aus dem 19. Jahrhundert oder ein Fernsehprojektor Saba Telerama vom Ende der 50er Jahre. Zu jedem Stück wurde ein Steckbrief ausgearbeitet, in dem alle bekannten Informationen zusammengestellt sind, dazu kommt eine ungefähre Kostenschätzung.

Beispiel für eine gelungene Restaurierung: Diplom-Restauratorin Sybille Kreft mit dem Porträt der Tecla van Diepholt von 1595

Die ausgewählten Stücke weisen unterschiedliche Schäden auf. Das reicht von Verkratzungen über Löcher, Abplatzungen bis hin zu Wasserschäden. Ein Hausstein aus dem 16. Jahrhundert, der einst ein Gebäude in der Kleinen Deichstraße 8 zierte, ist in mehrere Teile zerbrochen. „Ein Fall für einen Steinrestaurator“, sagt Kuratorin Dr. Annette Kanzenbach. Doch auch für einen Metallrestaurator gäbe es Arbeit. Da ist zum Beispiel das Modell einer Schlittenfeuerspritze oder eine silberne Salzschale oder eine Teebüchse aus einem Metallgerüst mit eingesetzten bemalten Glasscheiben.

Die Kosten für die Sanierung der Objekte sind breit gestaffelt und reichen von 100 bis 13 000 Euro. Allerdings hat sich für die teuerste Sanierung – bemalte Glasfenster aus dem 16. Jahrhundert – bereits ein Pate gefunden – die Günther-Fielmann-Stiftung wird die Kosten übernehmen. Ein großformatiges Frauen-Porträt von 1620 wird über die Ritter-Stiftung saniert.

Blick in die Galerie der zu sanierenden Porträtbildnisse. Das Gemälde rechts wird mit finanzieller HIlfe der Professor Ritter-Stiftung restauriert

Welche Wirkung eine Restaurierung erzielen kann, demonstrierte die Dresdner Diplom-Restauratorin Sybille Kreft. Sie arbeitet seit vielen Jahren für das Ostfriesische Landesmuseum und hatte zuletzt ein Gemälde von 1595 in Arbeit, das die Schwiegertochter des ostfriesischen Historikers Eggerik Beninga, Tecla van Diepholt, zeigt. Das sei aufgrund der dünnen, löcherigen Leinwand, auf die das Bild gemalt war, eine heikle Arbeit gewesen, erläuterte die Restauratorin. Sie sei mehrfach ins Schwitzen gekommen, als sie die empfindliche Leinwand, die mit dickem Knochenleim auf einen Holzuntergrund geklebt worden war, millimeterweise vom Untergrund ablöste und auf eine neue Leinwand aufbrachte. Dass der dünne Malgrund all dies mitgemacht habe, sei ein Wunder gewesen. „Das ist Qualität!“, sagt sie, denn das Bild sei schließlich mehr als 400 Jahre alt. „Tecla“ ist nunmehr das älteste Porträt, das sich im Ostfriesischen Landesmuseum befindet.

Die Zunftrolle der Buchbinder aus dem 19. Jahrhundert bewahrt im Innern ein Geheimnis: ein Pergamentpapier, von dem niemand weiß, was darauf steht. Bisher hat niemand gewagt, das alte Papier zu entnehmen und zu entfalten

► Die Aktion „Paten retten Museumsschätze“ findet im Umfeld des 200. Geburtstages der „Kunst“ statt, erinnerte Vorsitzender Gregor Strelow und verweist daruf: „Nunmehr ist Ihre Wertschätzung gefragt!“. Bei den aufwändigen Vorarbeiten unterstützte Vorstandsmitglied Silke Arends die Kuratorin. Sie steht auch, ebenso wie Annette Kanzenbach als Ansprechpartnerin für potentielle Paten zur Verfügung.
Silke Arends: Tel 0170 / 2 03 16 09, Mail: silke-arends@t-online.de
Annette Kanzenbach: Tel. 0171 / 1 78 15 75, Mail: kanzenbach@emden.de

► Eröffnung der Ausstellung: 2. Oktober, 11.30 Uhr, Rummel des Rathauses. Sybille Kreft wird dabei die Restaurierung des Porträts der Tecla vorstellen.

► Führungen: mit Annette Kanzenbach am 13. und 18. Oktober, je 16 Uhr; mit Aiko Schmidt am 30. Oktober um 11.30 Uhr.

► Vortrag: von Dr. Annette Kanzenbach am 25. Oktober, 19 Uhr, im Rahmen der neuen Dienstagsrunde von 1820dieKUNST im Rummel des Rathauses. Eintritt: frei