Ein Format verlangt nach Wiederholung

Emden. Es war ein gemütlicher Abend mit wohl dosierten Texten und musikalischen Beiträgen, einem digitalen Kaminfeuer, Glühwein und Neujahrsrollen. Die Neue Dienstagsrunde von 1820dieKUNST hatte in den Rummel des Rathauses eingeladen – zu einer Lesung mit Musik. Der Raum war gut gefüllt. Silke Arends, Journalistin und Autorin, las und plauderte, Dörte Lehmann (Pilsum) spielte auf dem Akkordeon – mal Maritimes, mal etwas Pariserisches. Und weil das alles gut ankam, erfüllte harmonische Zufriedenheit den Raum, der sich trotz künstlichen Feuers tatsächlich langsam aufzuwärmen schien – kann aber auch sein, dass das an der Menge der Besucher lag.

Dominant: prasselndes Kaminfeuer, aber leider nur digital

Das Zauberwort der Veranstaltung war „wohl dosiert“ – es gab Musik, aber nicht zuviel, es gab Lesungen, aber in übersichtlicher Form, es gab Punsch – aber in Maßen. Silke Arends bot nicht nur eigene Texte, sondern sie brachte souverän eine große Fülle von Literaten ins Spiel – zunächst um das Begriffspaar Ofen und Feuer, denen sie von Jean Paul bis Einstein nachspürte. Dann ging es um die Schildbürger und ihre ungewollten Streiche. In diesem Fall hatten sie vergessen, in ihr Rathaus eine Heizmöglichkeit einzubauen. Um Abhilfe zu schaffen, kamen sie dann auf allerlei merkwürdige Ideen – und das Publikum amüsierte sich.

Der erste Eigenbeitrag der Marke Arends war ein kurzer Krimi mit dem Titel „Zweierlei Sehnsucht“, der in Carolinensiel spielt, eingeleitet durch Dörte Lehmann mit dem Titel „Moonlight“ – beides voll feiner Anspielungen und nahezu unspektakulär, aber letztlich doch wirkmächtig.

Das galt auch für die Lesung des „Interviews mit dem Weihnachtsmann“ von Erich Kästner, einem hundsgemein genial inszenierten Diebstahl. Getoppt wurde das auf Steigerung angelegte Programm von „Karpfen blau“, einem Arends-Text, der sich buchstäblich erst in der letzten Zeile als Krimi zu erkennen gibt – ein schwarzhumoriger Beitrag zur Gattung, versehen mit dem Hinweis von Silke Arends: „Sie werden nie wieder Karpfen blau essen wollen …“ Fazit: Ein runder Abend, der, wie Gregor Strelow, Vorsitzender von 1820dieKUNST, sagte, nach einer Wiederholung verlangt.