Die Musik der Vergessenen

Der Musikalische Sommer gastierte mit einem Barockkonzert in der Kirche von Victorbur

Von Ina Wagner

Victorbur. Drei weitgehend unbekannte oder vergessene Komponisten und Instrumentalisten, dazu ein Wiederentdeckter. Das war das Programm des Barockkonzertes von „La Festa Musicale“, das im Rahmen des Musikalischen Sommers in Ostfriesland in der Kirche zu Victorbur stattfand.

Es war ein Konzert mit bestechenden musikalischen Leistungen, die das Ensemble erbrachte, ein neunköpfiges Orchester, in dem die Traversflöte eine gewichtige Rolle spielte. Da wurde auf hohem Niveau musiziert, um die Musik der vergessenen Komponisten ins rechte Licht zu setzen.

Bestechendes Spiel: das Ensemble La Festa Musicale in der Kirche zu Victorbur. Bild: Karsten Gleich

Eine Chaconne von Agostino Steffani, einst Kapellmeister am Hofe Ernst Augusts von Hannover, aber auch katholischer Titularbischof, oder die Suite e-moll von Francesco Venturini, Hofkomponist der Hannoveraner, gesetzt im französischen Stil – leicht dahingleitend mit fließenden Motiven und einem höchst lebhaften Abschluss in der schönen Gigue. Ganz zauberhaft gespielt.

Giuseppe Valentinis „Concerto für vier Violinen“ in a-Moll ist ein Werk, so sagte Flötist Brian Berryman, in dem der italienische Stil, also der Einsatz besonderer Effekte, auf die Spitze getrieben wird. Und das mit fabelhafter Wirkung. Mit flirrendem Einsatz der Violinen, mit feinen Verläufen, mit überraschenden Wendungen. Und dann dieses Presto! Man höre sich dieses anmutige Presto einmal gesondert an, das dem Ohr so angenehm und gefällig ist.

Den Schluss machte Johann Sebastian Bach – natürlich. Im Grunde gehört auch er zu denen, die vergessen waren und erst spät neu entdeckt wurden. Seine Orchestersuite Nr. 2 in h-Moll steht exemplarisch für den barocken Stil, der uns heute noch am nächsten ist. In klarer Gliederung fließen die Motive in eingängiger Weise dahin, wobei die kanon-ähnlichen Elemente auffällig sind. Und auch wenn man nicht wüsste, dass es sich um Bach handelt, ist seine Handschrift doch so markant, dass im Grunde nie ein Zweifel am seiner Autorschaft besteht.

Repräsentativ für seine weltliche Musik stand im Konzert diese Suite Nr. 2, wobei man insgeheim gespannt auf den letzten Satz war, die hanebüchen artistische Badinerie, ein musikalisches Glanzstück, das seinesgleichen sucht – und das von der Qualität des Flötisten abhängig ist. Brian Berryman zeigte sich dem Stück auf seiner wunderbar warm klingenden Traversflöte in besonderer Weise gewachsen und gestaltete die „Tändelei“ voller Virtuosität, aber zugleich mit einer bemerkenswerten Empathie. Kein Wunder, dass das Publikum mit anhaltendem Applaus reagierte. Fazit: Ein Barockkonzert mit Mehrwert, in dem die Musik der Vergessenen im Mittelpunkt stand.

► La Festa Musicale: Brian Berryman (Traversflöte), Anne Marie Harer (Blockflöte), Iris Maron, Henriette Otto, Karoline Stemberg, Anne Marie Harer (Violinen), Maria Pache, Karoline Stemberg (Viola), Christoph Harer (Violoncello), Niklas Sprenger (Kontrabass), Avinoam Shalev (Cembalo)