„Radikal und dennoch fröhlich“

Emden. „Du musst keine Angst haben – Du bist hier unter Freunden“ dämpfte die wissenschaftliche Leiterin der Kunsthalle Emden, Lisa Felicitas Mattheis, mögliche Bedenken der Berliner Künstlerin Jenny Brosinski (Jahrgang 1984), die in Emden ihre erste Einzelausstellung bestreitet. Diese wurde am Sonnabend im Atrium des Hauses eröffnet. Brosinski äußerte sich im Rahmen eines Künstlergespräches zu ihren Arbeiten – vor den Augen und Ohren eines großes Publikums und dreier ihrer Galeristen aus Berlin, München und London.

Volles Haus: die beiden Gesprächspartnerinnen Lisa Felicitas Mattheis und Jenny Brosinski sind kaum auszumachen

Zuvor ordnete Mattheis die abstrakten Arbeiten als „radikal und dennoch fröhlich“ ein. Trotz starker Reduktion verfügten die Bilder über „Ausstrahlung und Ausdruckskraft“. Brosinski überklebe, reiße und franse ihre Lein- und Papierwände aus, verschmutze sie und versehe sie auch gerne mit Schuhabdrücken.

In einem lebhaften, aber relativ kurzen Gespräch erläuterte die Malerin, die mittlerweile auch im plastischen Bereich tätig ist, wie die eigentliche Malerei erst „so richtig“ nach dem Studium begann, das ihr das Basiswissen über den Umgang mit der Malmaterie vermittelt habe. Entgegen dieser Kenntnisse habe sie begonnen, die bemalten Wände in die Waschmaschine zu stecken, um zu erproben, wie man künstlerischen Ausdruck nicht nur durch den Auftrag von Farbe erzielen könne, sondern auch durch deren Wegnahme.

Kennzeichen Kappe: Jenny Brosinski nach der Eröffnung im Gespräch mit Gästen

Sie beginne ihre Bilder stets, indem sie die Leinwände nach amerikanischer Manier auf dem Boden auslege und spielerisch mit dem Farbauftrag beginne. Erst danach hänge sie die Leinwand auf, um in den Dialog mit ihr zu treten. An bis zu acht Bildern arbeite sie dabei gleichzeitig.

Vogelartig: die große abstrakte Plastik von Jenny Brosinski steht im Eingangsbereich der Kunsthalle

Das plastische Oeuvre sei ursprünglich nicht geplant gewesen, sagte die Malerin. Aus der Malerei habe sie den Gestus auf Kleinplastiken aus Keramik übertragen, dann eine Auswahl getroffen. Es habe dann aber noch zwei Jahre bis zur ersten Bronzeplastik gedauert. Dass sich dabei Figuratives „eingeschlichen habe“, habe sie auch in der Malerei gemerkt, sagt Jenny Brosinski. Das Verhältnis von Figur und Abstraktion bedeute immer einen Grenzbereich. Abstraktion beziehe sich ja immer „auf etwas Gewesenes“. „Ich spüre den Grenzbereichen nach – zwischen offen und gegenständlich.“

► Die Ausstellung von Jenny Brosinski „There were no birds to fly“ im Atrium und Eingangsbereich der Kunsthalle ist noch bis zum 23. April zu sehen.