Leihgaben aus der ganzen Republik

Emden. Am 2. April, dem 121. Todestag der Emder Mennonitin, Kirchenhistorikerin, Schriftstellerin, Ehefrau und Mutter Antje Brons, geborene Cremer ten Doornkaat (1810 bis 1902), wird die Johannes a Lasco Bibliothek eine Ausstellung mit dem Titel „Antje Brons und ihr Jahrhundert“ eröffnen, die diese Frau nicht nur in ihrem persönlichen und familiären Umfeld porträtiert, sondern einen Blick in die ostfriesische Zeit- und Kulturgeschichte des 19. Jahrhunderts wirft.

Einladung zur Ausstellung, die Biographisches und Zeitgeschichtliches vereint

Dass die Ausstellung so umfangreich werden konnte, liegt daran, dass die Leihgaben aus der ganzen Republik und den benachbarten Niederlanden kommen – aus Berlin, Hamburg, Bremen, Westfalen, Grafschaft Bentheim, Taunus, Heidelberg, Mainz, Aurich, Norden, Baltrum, Weener, Amsterdam

und auch aus Emden. Sie entstammen „den neun Stämmen der Familie von Ysaak und Antje Brons sowie von den Nachkommen der Herkunftsfamilien Cremer, ten Doornkaat Koolman und Bouman“, erläutert der Kurator der Ausstellung, Dr. Klaas-Dieter Voß.

Ausgangspunkt für die Ausstellung ist eine Schrift, die Antje Brons 1890/91 verfasste, in der sie – durchaus kurzweilig – über die zurückliegenden Jahrzehnte nachdenkt und Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse und Entwicklungen mit einbezieht. Voß hat mit durchaus detektivischem Spürsinn Nachforschungen angestellt, um Antworten auf die sich daraus ergebenden Fragen zu erhalten.

Zu den Ausstellungsstücken gehört zum Beispiel ein Pfeifenkopf von Antjes Onkel Sicke Doeden Cremer. Bei ihm wuchs sie in Norden auf, und er prägte sie. Mit dieser Pfeife ist Sicke Doden Cremer auf einem Gemälde abgebildet, das ihn als älteren Herrn mit seinen beiden Enkeln Anna und Theodor Sicco van Hülst im Garten zeigt.

Einige ungewöhnliche Ölgemälde, die Antjes Sohn, Theodor Sicco Brons, gemalt hat, sind auch unter den Leihgaben. Dazu gehört eine Anmutung des Emder Cirksena-Schlosses, die ungemein detailreich dargestellt ist, obwohl es von dem Gebäude ja keine Darstellung gibt, die als Vorbild hätte dienen können. Aus der Studienzeit von Theodor Sicco Brons ist eine Kohlezeichnung überliefert, während es sich bei den Gemälden um Werke handelt, die in der letzten Lebensphase entstanden.

Dr. Klaas-Dieter Voß mit der Phantasieansicht des Emder Schlosses, gemalt von Antjes Sohn Theodor Sicco

Theodor Sicco besuchte die Hochschule nur ein Jahr, dann verdingte er sich als landwirtschaftlicher Mitarbeiter – unter anderem in Landschaftspolder. „Er wollte seinem Vater beweisen, dass das der richtige Weg für ihn war“, erläutert Klaas-Dieter Voß. Daraufhin habe sich der Brons-Sohn an der Landwirtschaftsschule in Bonn-Poppelsdorf weiterbilden und schließlich die Middelsteburg in Groothusen von seinen Eltern in Pacht nehmen dürfen.

Viele Räume, in denen Antje Brons einmal zu Hause war, werden rekonstruiert. Auf einer großen Wandfläche zeigt eine historische Tapete exemplarisch, wie es im 19. Jahrhundert im Saal des Hauses am Markt 1 ausgesehen hat. Hier werden Stücke präsentiert, die an den Besuch König Wilhelms I. von Preußen im Jahre 1869 erinnern. Es soll unter anderem ein Lehnstuhl ausgestellt werden, den Antje Brons seinerzeit dem König zur Verfügung stellte, da dieser eine kleine Reminiszenz an seinen Urgroßonkel Friedrich II. von Preußen darstellte. Voß: „Dieser Lehnstuhl war nämlich an Bord des Schiffes, mit dem der preußische König Friedrich der Große 1751 über die Emsmündung fuhr.“

Wie gemalt: die Doornkaat-Flasche aus Steingut mit dem eingearbeiteten Schriftzug

Eine kleine Kuriosität hat Klaas-Dieter Voss im Internet ersteigert. Eine frühe Doornkaat-Flasche aus Steingut in der traditionellen Form mit Aufschrift, die vermutlich dem Ende des 19. Jahrhunderts zuzurechnen ist. Und dann ist da noch der Blick in die ganz frühe Familiengeschichte von Antje – auf ihren niederländischen Vorfahren Ucke Walles. Walles war Landwirt und Täufer. Auf bis heute nicht geklärten Gründen wurde er verbannt. Er floh aus den Niederlanden und ließ sich in Kloster Sielmönken nieder, wo er 1653 im Alter von 60 Jahren starb. Antje Brons, da ist Voß überzeugt, steht in der Tradition von Walles, denn der formulierte sehr moderne Ansätze und Ansichten. Von seinen Schriften haben sich weltweit nur wenige erhalten. Es ist Voß gelungen, die Universitätsbibliothek Amsterdam, die zehn Werke bewahrt, zu überzeugen, diese in die Emder Ausstellung zu geben. Das geschieht jetzt unter den größten Sicherheitsvorkehrungen.


Eröffnet wird die Ausstellung „Antje Brons und ihr Jahrhundert“ in der Johannes a Lasco Bibliothek am 2. April um 11.30 Uhr. Dabei sprechen: Professor Dr. Kestutis Daugirdas, wissenschaftlicher Vorstand, Gaby Philipps, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Emden. Den Eröffnungsvortrag hält Dr. Klaas-Dieter Voß. Die musikalische Gestaltung übernehmen Vilma Pigagaitė (Sopran), Markus Rölz (Klarinette) und Leonid Dorfman (Klavier) mit Musik des 19. Jahrhunderts von Franz Lachner, Clara Schumann, Emilie Mayer und Franz Schubert.

► Die Ausstellung ist bis zum 17. Dezember 2023 zu sehen. Eintritt: sechs, erm. drei Euro