Keine Raubkunst aus China!

Aurich. Vier ostfriesische Museen haben einen Teil ihres Sammlungsbestands im Hinblick auf Raubkunst untersuchen lassen. Das Ergebnis: Die rund 600 untersuchten Objekte, die vermutlich aus China stammen, sind nicht zu beanstanden. Es handelt sich vielmehr zum großen Teil um Export- und Massenware. „Somit gelangten die Objekte nicht als Raubkunst nach Ostfriesland, sondern wurden beispielsweise von Seeleuten, Soldaten oder Händlern als Souvenirs und manchmal wohl auch als vermeintlich wertvolle Antiquitäten mitgebracht“, heißt es in einer Pressemitteilung der Ostfriesischen Landschaft.

Die Objekte stammen aus dem Deutschen Sielhafenmuseum Carolinensiel, der Naturforschenden Gesellschaft zu Emden von 1814, dem Ostfriesischen Teemuseum Norden und dem Fehn- und Schiffahrtsmuseum Westrhauderfehn. Die Ergebnisse der Untersuchung sind als Buch erschienen. Zudem kann das Werk kostenfrei als PDF auf dem Portal www.arthistoricum.net heruntergeladen werden.

Cover des Buches „Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten (China) in vier ostfriesischen Museen und Kultureinrichtungen“

Die untersuchten Objekte sollen in der Zeit von 1897 bis 1914 nach Ostfriesland gelangt sein, als sich Qingdao unter deutscher Kolonialherrschaft befand. Dabei lassen sie sich, so die Pressemitteilung, in die Kategorien Keramik, Steingut und Porzellan, Kunsthandwerk, Musikinstrumente, Textilien sowie Alltagsgegenstände wie beispielsweise Schirme, Pfeifen und Spazierstöcke einteilen.

Viele der Objekte stammen demnach noch nicht einmal aus China, sondern zum Beispiel aus japanischer Massenproduktion, die sich speziell an die kauffreudige Klientel aus Europa richtete. Das Untersuchungsergebnis bedeutet, dass keine Ausstellungsstücke zurückgegeben werden müssen.

Teekanne mit Deckel, Porzellan 20. Jahrhundert, Suzuki Company Japan, Inventar-Nr. SHM-04338. Foto: Deutsches Sielhafenmuseum Carolinensiel

Dr. Nina Hennig, Leiterin der Museumsfachstelle bei der Ostfriesischen Landschaft, stellt fest: „Es mag ein wenig enttäuschend sein, dass unter den untersuchten Exponaten keine wertvollen Kunstschätze sind. Grundsätzlich freuen wir uns aber über das gewonnene Wissen und darüber, dass die Objekte unseren Ausstellungen erhalten bleiben und nicht abgegeben werden müssen“. Die ostfriesischen Museen könnten die jeweiligen Objekte nun in ihren Ausstellungen besser einordnen und mit dem neuen und zusätzlichen Wissen besser vermitteln

Das Projekt wurde gefördert vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste, vom Historischen Forschungsinstitut Facts & Files aus Berlin und untersucht mit Unterstützung des Netzwerks Provenienz-Forschung in Niedersachsen. Antragstellerin war die Ostfriesische Landschaft. Professor Sun Lixin von der Shangdong University in Jinan unterstützte die Forschung durch Recherchen in chinesischen Archiven. Die Ergebnisse der Studie sind online abrufbar: https://books.ub.uni-heidelberg.de/arthistoricum/catalog/book/1017