Dialog über die Zeiten hinweg

Suurhusen. Das war ein spannendes Konzert, bei dem Instrumente aus sehr unterschiedlichen Jahrhunderten sich freundschaftlich begegneten, gemeinsam miteinander in Wettstreit traten, sich umgarnten, miteinander dialogisierten, bestens miteinander klarkamen und dennoch letztlich ihrer angestammten Zeit und deren Musik erhalten blieben. Eine solche Zeitreise unternahmen Lucile Boulanger (Viola da Gamba und Lira da Gamba) und Christian Elin (Bassklarinette und Sopransaxophon). Und 180 Besucher in der Alten Kirche Suurhusen reisten begeistert mit – immer zwischen Renaissance und Moderne hin und her, mit fruchtbaren Begegnungen zwischendurch.


Zu Gast war „Gambelin“ – ein Duo, das die Musik ferner Jahrhunderte und Zeitgenössisches auf bemerkenswerte Weise miteinander verknüpft und daraus etwas Neues entwickelt. Das Programm stand als Beleg dafür. Da fand sich Alte Musik des spanischen Renaissance-Komponisten Diego Ortiz, die nur scheinbar in ihrer Zeit verhaftet war, denn sie wurde durchzogen von Jazz-Sequenzen der Bassklarinette, die nahezu unterschwellig der Ur-Komposition eingefügt wurden. Wenn man liest, dass Ortiz bereits im 16. Jahrhundert als Improvisateur galt, dann wird verständlich, warum solche Eingriffe nicht nur legitim, sondern vielmehr bereichernd wirken.

Dass man andererseits die Gambe durchaus nutzen kann, um damit zeitgenössische Musik zu spielen, machten Gambelin mit einer Eigenkomposition von Christian Elin deutlich. „La Chiesetta“ (Das Kirchlein) ist eine Komposition, die auf einer wahren Begebenheit beruht und sich stark bildhaft präsentiert. Elin komponiert nach klassischen Massgaben. Seine Musik nutzt nichts Atonales, schafft aber mit teilweise verwirrender Stimmführung weite Räume von Ausdruck und erzählenden Momenten.

Lucile Boulanger, die schon im letzten Jahr – da allerdings als Solistin – ihre Qualitäten als Gambistin verdeutlichte, zeigte mit einem Satz von Carl Friedrich Abel eine ungemein feinsinnige Interpretation. Zudem hatte sie ganz offensichtlich ihren Spaß an den Ausflügen ins Jazz-Fach. Jedenfalls strahlte sie während des Konzertes immer wieder – auch als ihr das Mißgeschick widerfuhr und eine Saite riss, die sie dann vor dem Publikum ersetzte.

Wie bei der Alten Musik üblich, mussten die siebensaitige Gambe und die 13-saitige Lira da Gamba immer wieder gestimmt werden. Schon dieses Prozedere klang so vielversprechend, dass man nicht immer sicher war, ob die angenehmen Töne noch zum Einstimmen oder schon zur Komposition gehörten.

Wie schon am Wochenende bei der Langen Nacht der Gipfelstürmer stand eine Uraufführung auf dem Programm. Guido Umberto Sacco schrieb ein Auftragswerk für Gambelin: „I colori si un altrove“. Auch dieses Werk nutzte klassische Elemente des Komponierens, wirkte aber alles andere als konservativ, sondern nutzte die Möglichkeiten beider Instrumente aus und schuf farbenreiche Effekte. Als Zugabe gab es noch ein Ricercada von Ortiz – sehr rhythmisch und in schöner Ausführung.