Abwechslungsreiches Musikerleben

Leer. Ein Bläser-Quintett, das vom Kuhstall ans Wasser zieht, um Konzerte zu geben. An Kuriositäten ist das Leben reich – auch das der kanadischen Formation „Canadian Brass“. Die Bläser konzertierten am Montag im Rahmen des Schleswig-Holstein-Musikfestivals in besagtem Kuhstall in Pronsdorf, am Dienstag waren sie Gast der Gezeitenkonzerte und spielten auf einem Ponton im Leeraner Hafen, am Donnerstag kann man sie beim Rheingau-Festival hören – in einem Kloster.

So sah es am Handelshafen während des Konzertes aus. Bilder: Karlheinz Krämer / Raoul-Philip Schmidt

Canadian Brass spielte sich im Open-Air-Konzert am Alten Handelshafen von Leer durch die Musikgeschichte. Beginnend mit Auszügen aus Händels „Wassermusik“ geht es über Bach in rasantem Tempo bis zu den Beatles. Der zweite Teil des Abends bewegt sich dann mit schöner Musik in bunter Reihenfolge zwischen Südamerika und Persien. Die fünf Musiker – darunter Gründungsmitglied Chuck Daellenbach (Tuba) – pflegen einen musikalisch eleganten Stil, der das Ensemble insgesamt charakterisiert, dabei auch virtuose Einzelleistungen einbezieht. Typisch dabei ist, dass schnellste Passagen so präzise gespielt werden, dass jeder einzelne Ton hörbar bleibt und der Gesamtklang weder verwischt noch verschleiert wird.

Trotz Kälte bester Laune: Canadian Brass

Die teilweise radebrechende Moderation auf Deutsch gehört ganz offensichtlich zum heiteren Teil des Wesens von „Canadian Brass“ und ist schon eine Kunstgattung für sich, denn man versteht tatsächlich, was gemeint ist. Die anderen Herren – Fábio Brum, Caleb Hudson, Achilles Liarmakopoulos und Jeff Nelsen – parlieren zumeist auf Englisch und geben dabei anekdotische oder spielerische Einblicke ins Musikerleben. Durch das vielfältige Programm ist Kurzweil angesagt, was angesichts der kühlen Witterung angenehm ist. Immerhin hält sich der Regen exakt bis zur Pause zurück, um nach kurzer Frist aufzugeben und weiterzuziehen.

Dass es ein kurzes Vergnügen mit den Bläsern aus Kanada ist – die Pause erfolgte bereits nach einer guten halben Stunde – verwundert nicht wirklich. Denn Bläser, die auf solch hohem Niveau spielen, können dies nicht stundenlang tun. Die Lippenspannung lässt sich nicht endlos halten. Und so lag an diesem Abend in der Kürze die Würze.

Die Bläser spielten an diesem Abend auf einem Ponton im Hafenbecken. Dieser war mit großem Aufwand herangeschafft und am Ufer aufgebaut und vertäut worden. Um das Konzert durchzuführen, wurde zudem eine Fußgängerbrücke gesperrt und ein Sicherheitsdienst beauftragt.

Gründungsmitglied des Ensembles: Tubist Chuck Daellenbach und Kollegen

Leers Bürgermeister Claus-Peter Horst, der mit Landschaftspräsident Rico Mecklenburg die Begrüßung übernahm, erläuterte die Einbettung des Konzertes in das 200-jährige Stadtjubiläum und bekannte zur nicht geringen Verwunderung, dass man in Leer immer ein wenig langsamer sei als anderswo. Zumindest architektonisch hat diese Vorgehensweise ihre positiven Auswirkungen. Denn angesichts der zwar hoch aufragenden, aber auch sehr abwechslungsreichen, teilweise pfiffigen und dabei lockeren Bebauung der Nesse, an der der Handelshafen liegt, kann man den Leeraner für ihr Vorangehen nur gratulieren.