Sorge, Hoffnung und Selbsterkenntnis

Emden. Schwere Sorgen um die Demokratie in Deutschland auf der einen Seite, hoffnungsvolle Zuversicht im lokalen Bereich – zwischen diesen beiden Eckpunkten bewegte sich die Ansprache, die Oberbürgermeister Tim Kruithoff am Sonnabend (13. Januar) im Rahmen des Neujahrsempfangs der Stadt Emden in der Nordseehalle hielt.

Oberbürgermeister Tim Kruithoff bei seiner Rede in der Nordseehalle. Bilder Wolfgang Mauersberger

Dabei zog Kruithoff Bilanz – und schonte auch seine eigene Person nicht. Er sei sich klar, dass er „nicht immer alles richtig mache“. Er wisse, dass er manchmal sehr schnell und ungeduldig sei und von den Mitarbeitern viel fordere. Dabei genüge er dann „nicht immer meinen eigenen Ansprüchen an Kommunikation in Richtung Rat, Bürgerinnen und Bürger aber auch Mitarbeitenden“. Er werde an sich arbeiten, versprach Kruithoff.

In der ganzen Fülle aktiver Menschen in Beruf oder Ehrenamt sehe er das Rückgrat des Gemeinwesens und sei zuversichtlich, dass man die Herausforderungen gemeinsam meistern werde. Wer in einer Zeit ineinander verzahnter Krisen als Demokrat etwas verändern wolle, müsse sich politisch engagieren. Gleichwohl sei es im Zeitalter des medialen Populismus schwierig, überhaupt noch vernünftige Politik zu machen. Denn die Demokratie halte andere Instrumente der Meinungsäußerung bereit, „als ein ganzes Land in den Ausnahmezustand zu versetzen“, wenn man Forderungen an die Bundesregierung stelle, mahnte der Oberbürgermeister.

Aufmerksame Zuhörer und im Vordergrund der Prototyp des Elektromobils ID.7, der in Emden gebaut wird

Einige Themen aus der Neujahrsrede des OB

– Der Haushalt 2024 sieht wieder „Rekordinvestitionen“ in die Bereiche Schulen und Bildung vor.

– Das Ausweisen von Baugebieten ist nach Worten von Kruithoff nötig, um die entscheidende Marke von 50 000 Einwohnern nicht zu unterschreiten und den damit verbundenen Status in Niedersachsen nicht zu verlieren.

– Die Stadt wird eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben, um eine Verkehrsanbindung des Rysumer Nackens über die Krummhörn zu prüfen.

– Die Flächen, die am Buschplatz angelegt wurden, sind verkauft. Am Klärwerk werden Flächen für den Mittelstand erschlossen. Ein Großteil seien bereits vergeben. „Für einen Handwerkbetrieb oder Ähnliches werden wir immer noch ein Plätzchen finden“, erklärte der OB.

Ein OB auf der Bühne, sein Vorgänger Bernd Bornemann im Gespräch

Die Innenstadt bleibe auch 2024 im Fokus. Dabei konnte der OB berichten, dass das Projekt „Alte Waage“ wieder Fahrt aufgenommen habe. Beim Apollo sei man in Gesprächen. Um keine weitere Abwärtsbewegung in der Innenstadt zuzulassen, habe die Stadt das Haus der ehemaligen Bäckerei Hartmann gekauft. Die Funktion der Werbegemeinschaft Schaufenster, die sich aufgelöst habe, würden künftig gemeinsam von der Wirtschaftsförderung und Kulturevents übernommen.

Der Bereich zwischen Agterum und Delft solle erlebbarer gemacht werden. Das bedeute aber nicht, dass Experimente gemacht oder Straßen gesperrt würden, betonte Kruithoff. „Wir lernen ja auch.“ Statt dessen sollen die Bürger mit Wünschen und Ideen aktiv beteiligt werden. „So entsteht dann ein Bild der Emder Innenstadt der Zukunft.“

Die Gelegenheit zum Talk nutzte auch Kulturschaffender Edzard Wagenaar

– Die Stadt möchte bis Ende 2025 fünfzig Prozent ihrer Dienstleistungen digital anbieten. Bauanträge sollen künftig online gestellt werden, auch die Website der Stadt soll bürgerfreundlicher und serviceorientierter angelegt werden.

– Großes Lob erhielt de Betriebsleiterin von Kulturevents. Was Kerstin Rogge-Mönchmeyer als Baufachfremde in Bezug auf den Umbau des Neuen Theaters geleistet habe, könne man nicht hoch genug würdigen. Auf das „Festspielhaus am Wall“ könne man sich als einen kulturellen Leuchtturm freuen, der große Chancen für den Kulturtourismus bedeute.

– Die Musische Akademie könne in der aktuellen Situation nicht mit einer Steigerung des Budgets rechnen, „aber ich bin zuversichtlich, dass Tobias Kokkelink und sein Team auch weiterhin so großartige Arbeit machen werde“.

Musikalischer Gast auf dem Neujahrsempfang: das Stadtorchester Emden unter Dominik Fakler

– Nach den „Grisus“ und den „Löschzwergen“ hat sich in Twixlum eine neue Kinderfeuerwehr gegründet. Name: die „Flammenhopser“. Auch eine neue Jugendfeuerwehr konnte gebildet werden.

– Im Kant-Jahr 2024 wird in der Johannes a Lasco Bibliothek gefeiert. Kruithoff zitierte den Philosophen (1724 bis 1804): Es sei mit den Völkern der Erde so weit gekommen, dass die Rechtsverletzung an einem Platz der Erde, an allen gefühlt werde. „Ein Satz, von dem man meint, er sei aus den Tagen der Aufklärung durch die Zeit gereist – bis heute hier zu uns.“

Für die jungen Leute eingeladen: die Band Janosh

Und sonst noch?
Besucher: nach Angaben der Stadt 1200
Musik: Stadtorchester Emden und die Indie-Rockband Janosh
Moderation: Theda Eilers
Essen: 1000 Neujahrsröllchen backte Grete Clausen, 1000 Portionen Erbsensuppe bereitete die Feuerwehr zu, Tee gab es am Stand der Firma Thiele Tee, wo auch die Unternehmer-Familie Thiele und ihre Mitarbeiter im Einsatz waren.

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