Das nächste Drama wartet schon …

Emden. „Auf ein Bier mit ….“ ist ein Talk-Format, das die Kunsthalle einmal im Monat im Rahmen ihres Langen Kunstabends anbietet. Dieses Mal war Oberbürgermeister Tim Kruithoff zu Gast. Der ließ sich nicht lange bitten, hatte auch allerhand zu sagen zu Politik, Wirtschaft, Bauwesen, Kindergärten, Schulen, Verkehr, Hafen. Zur Kultur kam man erst zu einem späteren Zeitpunkt.

Lockere Gesprächsatmosphäre: Lisa Felicitas Mattheis und Oberbürgermeister Tim Kruithoff im Atrium der Kunsthalle. Bilder: Wolfgang Mauersberger

Dabei war Kruithoff durchaus willens, die Besucher im voll besetzten Atrium auch hinter die Kulissen schauen zu lassen. Er plauderte locker mit Gastgeberin Lisa Felicitas Mattheis und hatte immer eine Anekdote parat. So gab der Abend Einblicke in die tägliche Arbeit eines Oberbürgermeisters, der weg wollte aus Ostfriesland, dies auch umsetzte, dann aber doch nach Emden zurückkehrte und sich aufmachte, seine Visionen einer städtischen Gemeinschaft umzusetzen.

Allerdings – kaum im Amt begann die Corona-Zeit. Und seither sei seine Amtszeit von „multiplen Krisen“ begleitet gewesen; diese allerdings eher weltpolitisch mit entsprechenden Folgen für die Region und die Stadt. So habe man die großen Bauprojekte – Festspielhaus am Wall und Borssumer Freibad – gerade noch anschieben können. Aus heutiger Sicht würde man solche Vorhaben wohl nicht mehr realisieren können, gab sich Kruithoff nüchtern.

Habe er sich das Amt so vorgestellt, wollte Lisa Felicitas Mattheis wissen. Er habe eine Idee von dieser Aufgabe im Kopf gehabt, antwortete Kruithoff. Zudem sei das Amt eine Ehre, mache Spaß, und er sehe es ganz unter dem Aspekt des Dienens. Aber es sei auch ein Amt, in dem Entscheidungen zu fällen seien. Sicher trete man dabei immer mal irgendjemandem auf die Füße. Doch versuche er, für jedermann ansprechbar zu sein. Nahezu täglich passiere es, dass jemand unerwartet ins Büro komme und ein ernstzunehmendes Anliegen vortrage. Die Erfahrung lehre: „Das nächste Drama wartet schon …“

Perspektiv-Wechsel: Blick aus dem Ausstellungsbereich in das Atrium hinein

Die „Respektlosigkeiten“, die ihm in den sozialen Medien begegneten, erlebe er im direkten Kontakt mit den Bürgern nicht. „Das Amt ist für mich eine Berufung, der ich alles andere unterordne.“ Daher, der Berufung wegen, strebe er auch eine zweite Amtszeit an. Denn Ambitionen, in die Landes- oder Bundespolitik zu gehen, habe er nicht.

Kruithoff ist als OB zugleich auch Kulturreferent der Stadt. Daher war es für ihn offensichtlich keine Überraschung, dass er gefragt wurde, ob er vor seiner Zeit als OB das Haus kennengelernt habe? Ja, habe er, sagte Kruithoff. Er habe das Erstgebäude als Jugendlicher besucht und dabei sein Lieblingsbild gefunden: Heiner Altmeppens „Norddeutsche Landschaft“, die bei ihm als gerahmtes Poster in seinem Zimmer im elterlichen Haus gehangen habe und das er heute noch besitze.

Hinterher blieb noch Zeit für Gespräche mit Besuchern

Derzeit würde er vor Begeisterung am liebsten im Raum, in dem die Arbeiten von Asger Jorn hängen, sein Bett aufstellen, um sie gleich nach dem Erwachen betrachten zu können. Im Ostfriesischen Landesmuseum seien ihm die sogenannten Gerechtigkeits-Darstellungen besonders nahe, speziell das Gemälde Martin Fabers „Die Königin von Saba“.

Kunst sei für ihn eine Energie-Quelle, deren Wirkung sich auch zeige, wenn er die Jüngsten selber durch das Landesmuseum führe und sich an deren spontanen Reaktionen erfreue. Er selber habe in jüngster Zeit die große Vincent van Gogh-Ausstellung in Amsterdam besucht. Mit Kunsthallen-Stifterin Eske Nannen sei er Gast der Caspar David Friedrich-Ausstellung in Hamburg gewesen und habe dort erlebt, dass der Bundespräsident von sich aus auf Eske Nannen zugekommen sei, um sie zu begrüßen. Diese Geste des Staatsoberhauptes habe ihm gezeigt, welche Aufmerksamkeit die Emder Ehrenbürgerin genieße – und mit ihr die Kunsthalle in Emden.