DFG-Förderungen sind „keine Selbstläufer!“
Emden. Die Johannes a Lasco Bibliothek (JaLB) wird in zwei groß angelegten Editionsprojekten
von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Nachdem erst kürzlich eine
Verlängerung des Forschungsvorhabens zum sozinianischen Briefwechsel von sechs auf acht Jahre gewährt wurde, geht es nunmehr um den Briefwechsel der Emder Mennonitin Antje Brons. Auch dieses neuerliche Vorhaben wird für zunächst zwei Jahre von der DFG voll unterstützt. Der
wissenschaftliche Vorstand der JaLB, Professor Dr. Kestutis Daugirdas, betont: „Wir haben uns
den Ruf erworben, für gute digitale Editionsprojekte zu stehen. Derart umfangreiche Förderungen von der DFG sind jedenfalls keine Selbstläufer!“
Handelt es sich beim sozinianischen Briefwechsel um etwa 2100 Briefe des 16. bis 18.
Jahrhunderts, die zwischen Gelehrten unterschiedlichster Fachrichtungen und Nationen zu Fragen ihrer Zeit, insbesondere über das Verhältnis von Theologie und Naturwissenschaften, hin und her gingen, so umfasst die Korrespondenz von Antje Brons derzeit rund 700 Briefe, die Adressaten in Deutschland, den Niederlanden, aber auch in den Vereinigten Staaten hatten.
Die graphbasierte wissenschaftliche Edition historischer Korrespondenzen bezeichnet Daugirdas als „Meilenstein in der digitalen Forschung“. Denn diese Art von Editionen gibt es derzeit in
diesem Umfeld weltweit nur drei. Bei zweien ist Emden involviert, ein weiteres Projekt läuft an der
Mainzer Akademie der Wissenschaften und Literatur, die von Anfang an Kooperationspartnerin der Bibliothek ist. Neben dem sozinianischen Briefwechsel und dem Antje Brons-Projekt mit dem Titel „Das Ringen um Integration und Selbstbehauptung – Briefedition Antje Brons (1810 bis 1902)“ steht als drittes das von Mainz aus betriebene Vorhaben des Briefwechsels der mittelalterlichen Äbtissin Hildegard von Bingen.
Kestutis Daugirdas zeigt sich sehr zufrieden mit der Entwicklung der Editionen: „Die Gutachtenden der DFG haben dem Projekt zum sozinianischen Briefwechsel eine großartige Entwicklung bescheinigt, so dass wir hier nahtlos mit dem Antje Brons-Projekt anknüpfen konnten.“ Die große Brons-Familie sieht dem Projekt mit Freude entgegen, wie Dr. Claas Brons betont.
Dr. Klaas-Dieter Voß, der in Emden für das Projekt des Briefwechsels der Antje Brons verantwortlich zeichnet, macht deutlich, dass mit der Edition eine bedeutsame Quelle für die Täufer-Forschung erschlossen werde. Darüber hinaus könne aber auch jeder Interessierte die Briefe lesen und sich mit den Gedankengängen der Mennonitin auseinandersetzen. Zudem werde die Briefsammlung mit umfangreichem Bildmaterial verknüpft.
Es sei auch zu erwarten, dass die Zahl der Briefe sich noch erhöhen werde, schätzt Klaas-Dieter
Voß die Situation ein. Denn immer noch werden Funde mitgeteilt. So sei erst kürzlich in
Amsterdam ein ganzes „Nest“ von Brons-Briefen aufgetaucht. „Völlig abgeschlossen ist die
Sammlung also noch nicht.“
Die Arbeitsteilung bezüglich des sozinianischen Briefwechsels und der Korrespondenz der Antje
Brons ist erprobt: in Emden werden die Texte aufgearbeitet, Mainz organisiert die technischen
Voraussetzungen. Für die Brons-Korrespondenz ist die Technische Universität Mittelhessen mit Sitz in Gießen eingebunden. Hier wird das technische Know-How für die Vorhaben jeweils passgenau zugeschnitten. Zuständig sind Professor Dr. Andreas Kuczera (vormals Mainz, jetzt: Technische Hochschule Mittelhessen), Stefan Armbruster und der wissenschaftliche Mitarbeiter Sebastian Enns. Auf Emder Seite wurde mit Isabell Schnieder ebenfalls eine wissenschaftliche Mitarbeiterin eingestellt.
Was aber bedeutet eine graphbasierte digitale Edition? Die Briefe werden transkribiert,
zusammengefasst, kommentiert, systematisch verschlagwortet und in ihren Zusammenhängen
visualisierbar gemacht. Man kann sie auch mit anderen Datenbanken verlinken. So ist es
beispielsweise für den sozinianischen Briefwechsel, den Dr. Michael Weichenhan in Emden
bearbeitet, möglich, auf Daten der NASA und ESA zurückzugreifen, wenn es etwa um
astronomische Fragen geht.
Für Transkriptionen und Zusammenfassungen wird inzwischen auf Künstliche Intelligenz
zurückgegriffen. „Die Übersetzungen sind erstaunlich gut, und auch die Zusammenfassungen recht brauchbar, wenn man dem System sehr genaue Anweisungen gibt“, betont Michael Weichenhan. Die Maschine arbeite zwar sekundenschnell, doch müssten die Ergebnisse beständig kontrolliert werden.