Pure Schönheit, feierliche Emotionalität

Arle. Applaus mit Händen und Füßen auf der einen Seite. Auf der anderen – strahlende Künstler, die anmerkten: „Wir fühlen uns hier pudelwohl!“ Das 12. Konzert der 12. Gezeiten geriet zu einem schwärmerischen Erlebnis. Barockmusik, die bejubelt wird wie die Songs beim Auftritt eines Rock-Stars – das muss man erst einmal künstlerisch initiieren. Und das gelang dem Ensemble um Maurice Steger und Avi Avital von der ersten gespielten Note an.

Spielten in der Bonifatiuskirche vor vollem Haus: Maurice Steger, Sebastian Wienand, Avi Avital, Hille Perl und David Bergmüller. Bild: Karlheinz Krämer

Dabei war das Thema relativ unspektakulär. Eigentlich! „Bei Familie Bach zuhause“ führte in die Welt der Notenbücher für die zweite Ehefrau Bachs, die Sängerin Anna Magdalena, und seinen Sohn Wilhelm Friedemann. Für den entstand 1720 das „Clavier-Büchlein“.

Hier reihen sich kleine Stücke – Tänze, Arien, Präludien, geistliche Lieder – durchaus nicht immer aus der Feder Bachs, ein und faszinieren – neben vielem anderen – durch ihre pure Schönheit, milde Ausgewogenheit und feierliche Emotionalität. Es ist ein Fest der Sinne, das hier mit Flöten, Mandoline, Gambe, Lauten, Cembalo und Orgel ausgebreitet wird – eine Art musikalisches Weltkulturerbe, in dem – in nuce – zugleich ein kleines Stück des großen Bach’schen Werkes erlebbar wird.

Maurice Steger und das Ensemble, das auf einer einheitlich hohen qualitativen Ebene agierte, brachten es fertig, in den unterschiedlichsten Kombinationen ein Werk lebendig zu präsentieren, das immerhin schon mehr als 300 Jahre alt ist. Die fünf Meister ihres jeweiligen Faches agierten mit solcher Leidenschaft, aber auch Feinfühligkeit, dass der Funke sofort übersprang. Die Alte Musik wurde ganz präsent, rückte ganz nah zu den Menschen in der ausverkauften Bonifatiuskirche zu Arle, die zuerst ins Staunen gerieten, dann in enthusiastische Freude.

Deutlich wurde: Es kommt auf die Art der Vermittlung an. Und da sind mit Maurice Steger (Blockflöten), Avi Avital (Mandoline), Hille Perl (Viola da Gamba), David Bergmüller (Laute) und Sebastian Wienand (Cembalo und Truhenorgel) die idealen Instrumentalisten zusammengekommen. Eine große Variationsbreite entstand auch, weil in allen erdenklichen Kombinationen der Instrumente musiziert wurde – und immer konnte man als Zuhörer auf mal virtuos, mal stimmungsvoll präsentierte Musik rechnen.

Zu danken war der Abend der in Zürich lebenden Buten-Ostfriesin Monika Kramer, die Jahr für Jahr ihren persönlichen Lieblingsmusiker Maurice Steger für die Gezeitenkonzerte engagiert.