Hinter jedem Namen – ein Mensch

Emden. Manche gehen achtlos vorbei, manche fragen, worum es denn hier geht, manche wollen spontan mitmachen, und viele sind auch angemeldet, kommen pünktlich vorbei, um ihre Aufgabe zu erfüllen.

„Schreiben gegen das Vergessen“, ist die Devise. Insgesamt 75 Menschen machten am Mittwoch bei der Kunstaktion der Frankfurter Künstlerin Margarete Rabow mit und schrieben mit Kreide die Namen von 1202 ermordeten ostfriesischen Juden auf die Pflasterung des Neuen Marktes.

„Omas gegen Rechts. Ostfriesland“ machten ebenfalls bei der Kunstaktion mit. Rechts Gero Conring, der die Regeln erklärte. Bild: Wagner

Vorgegeben war eine strenge Ordnung, in der die Namenslisten auf die Steine übertragen wurden. Das war nötig, weil anschließend jeder geschriebene Name mit einer 16mm Kamera abgelichtet wurde. Diese Sequenzen werden zu einem Film zusammengesetzt, der nur ein oder zwei Minuten dauert. Er wird am 24. Oktober zu sehen sein, wenn im Ostfriesischen Landesmuseum die Ausstellung „Die Juden kehren niemals zurück“ eröffnet wird.

Margarete Rabow hat das Konzept für die Aktion erdacht. Ihr und ihren Mitarbeitern geht es um die Erinnerung an die ermordeten Menschen und um deren Würdigung. Das Schreiben mit Kreide ist dabei ein flüchtiger Moment, denn Regen, Wind, Schritte von Passanten sorgen dafür, dass die Schrift immer weiter verblasst. Der Film ist schließlich das einzige, was bleibt.

Margarete Rabow hat die Aktion bereits in wesentlich größeren Dimensionen in Wien und Frankfurt durchgeführt (KiE berichtete). Emden war die dritte Station. Zustande gekommen war der Kontakt über persönliche Verbindungen der Künstlerin zu den Berufsbildenden Schulen II. Deren stellvertretender Schulleiter, Gero Conring, der zugleich im Vorstand der Max-Windmüller-Gesellschaft ist, war dann gestern auch den ganzen Tag vor Ort und konnten mittags nicht nur Oberbürgermeister Tim Kruithoff begrüßen, der die getöteten Juden aus Upgant-Schott und Norderney abschrieb, sondern auch BBS II-Schulleiter Björn Holzgrabe, der die Juden aus Marienhafe auf den Stein des Neuen Marktes übertrug. Eine ältere Dame hatte sich die ehemaligen Harsweger Nachbarn ausgewählt und schrieb deren Namen stilgerecht in Sütterlin auf das Pflaster. Eine Familie mit Kontakt nach Israel legte weiße Rosen nieder. Andere hinterließen einen Satz im Gästebuch. Alle Einträge äußerten sich sehr positiv über die Aktion und appellierten, sich gegen Antisemitismus und Menschenverachtung zu stellen. Für Gero Conring ist es wichtig, dass deutlich wird: „Hinter jedem Namen steht ein Mensch, der eine Geschichte hat.“ wag

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