Spektakulär, perfekt, pfiffig

Im 6. Konzert der Gezeiten spielte das Ensemble „Quadro Nuevo“ in der Auricher Stadthalle

Von Ina Wagner

Aurich. Für „Quadro Nuevo“ gibt es kein Programm(heft). Die gewählte Betitelung einer „lauen Sommernacht“, die es anzuhören galt, war dann aber eher ein flaues Lüftchen statt des anregenden Windes, der da in der Auricher Stadthalle aufkam. Es gibt bei dieser Formation offenbar auch keine musikalische Leitlinie, es sei denn, man akzeptiert, dass da ein Eklektizismus einsetzt, der sich aus allen möglichen Regionen der Welt Anregungen holt, und diese auf höchst individuelle Weise adaptiert, durcharbeitet, fortspinnt und mit anderen musikalischen Formen verquickt.

Alle vier: Chris Gall, Andreas Hinterseher, Mulo Francel und D.D. Lowka. Bilder: Karlheinz Krämer

Das Ergebnis ist auf jeden Fall spektakulär, musikalisch perfekt gespielt, pfiffig umgesetzt – vor allem aber war es höchst unterhaltsam, dem Ensemble zuzuhören. Denn sie sind nicht nur Musiker von hohen Graden, sie sind auch jeder für sich Multi-Instrumentalisten, jeder von ihnen beherrscht mehrere davon. Zudem meistern sie mühelos das diffizile Feld der ebenso kultivierten wie humorvollen Moderation.

Also konnten sich die Besucher auf einiges gefasst machen. Und sie wurden nicht enttäuscht. Da wurde der Kontrabass von D. D. Lowka zum Percussionsinstrument, der Akkordeon-Spieler Andreas Hinterseher griff auch zur Trompete, Pianist Chris Gall improvisierte sich in ungeahnte Sphären, Saxophon und Klarinetten von Mulo Francel jazzten. Es war also allerhand los auf der Bühne, zumal die Musiker einen eigenen Beleuchter mitgebracht hatten, der auf die Sekunde genau den Einsatz unterschiedlicher Scheinwerfer und Lichtwerfer koordinierte.

Andreas Hinterseher mit seinem Bandoneon.

Schon der Auftakt, ein Samba, geriet zum Ereignis, neudeutsch: Event, als der erkennbare Teil des Stückes sich immer weiter von dieser Tanzmelodik entfernte und immer freiere Schichten der Interpretation aufdeckte. Noch deutlicher wurde das beim „Tango“ von Carlos Gardel, der sich mit Jazz-Elementen aufgepeppt vorfand. Eine noch andere Form der weiterführenden Verfremdung zeigte sich in „Torna a Surriento“ (Komm zurück nach Sorrent), einem Schmachtfetzen aus der Jahrhundertwende, aus dem „Quadro Nuevo“ ein grandioses Tongebilde schuf, das von Chris Gall vom Konzertflügel aus beherrscht wurde.

Die Musik war mal orientalisch, mal griechisch inspiriert, verfremdete aber auch den Mozart-Kanon „Bona nox, bist a rechta Ox“ in individueller Art. Und dann war der Abend vorbei, es hatte zwei Zugaben gegeben, und Akkordeonist Andreas Hinterseher schlüpfte schon demonstrativ in sein anfangs abgelegtes Jackett – da ergab sich das Ensemble dem Applaus des Publikums – und es erklang ein in sehnsuchtsvolle Musik gegossener „Roter Mond“. Wunderbar!

Nach Konzert-Ende fanden sich viele Besucher an der Theke von „Quadro Nuevo“ ein, wo die Musiker bereitstanden, um CD und Schallplatten zu verkaufen. .