Schirmherr mit rotem Schirm

Aurich. Die Bildnisse der Grafen und Fürsten Cirksena, die preußischen Herrscher, die hannoverschen Könige – sie alle starren hoheitsvoll aus ihren stilvollen Rahmen, als Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) in Begleitung von Landschaftspräsident Rico Mecklenburg den Ständesaal im Haus der Ostfriesischen Landschaft in Aurich betritt. Geradezu ehrfurchteinflößend wirkt die raumgreifende Galerie der ostfriesischen Machthaber vergangener Zeiten. Und wenn nicht schon alle Anwesenden an Bistro-Tischen stehen würde, hätte sich die – kleine – Menge vermutlich von den Plätzen erhoben – wie das so ist, wenn der gegenwärtige Chef des Landes zu Besuch kommt und man ihm seine Reverenz erweisen möchte.

So aber war zuvor das Motto ausgegeben worden, eine Begrüßungsgasse zu bilden. Und die anwesenden Schüler, alle mit Maske, tun ihr Bestes, um die Menge, die sich ohne Pandemie hier eingefunden hätten, zu ersetzen.

Schüler und Lehrer begrüßen Ministerpräsident Stephan Weil vor dem Haus der Ostfriesischen Landschaft. Bilder: Inga Graber

Die Schüler, alle mit dem T-Shirt „Platt is cool“ ausgestattet, sind Abgeordnete verschiedener Schulformen, die eingeladen sind, weil sie alle im Unterricht Plattdeutsch lernen. Und da Weil am Mittwoch offiziell und zum vierten Mal die Schirmherrschaft über die Aktion des Plattdüütsk-Büro der Ostfriesischen Landschaft „Fredag is Plattdag“ übernommen hat, sind auch Vertreter der Grundschule Norden, der Realschule Aurich, der Kooperativen Gesamtschule Hage sowie der Berufsbildenden Schule Wittmund dabei.

Die ganz Kleinen begrüßen den Ministerpräsidenten schon vor dem Landschaftsgebäude, die größeren Schüler warten im Ständesaal von 1848 und bedienen sich bei den kleinen Süßigkeiten, die auf den Tischen stehen. Als Weil und Mecklenburg eintreten, kommen sie gerade bis zur Mitte des Raumes. Dann klingt ihnen der Song „Jo!“ der Deichgranaten entgegen, gesungen von Talea Grensemann, begleitet von ihrem Lehrer Enno Feenders auf der Gitarre. Die 12-Jährige hat es im März fertiggebracht an einem Abend zeitgleich auf zwei TV-Sendern präsent zu sein: bei der Musik-Castingshow „Voice Kids“ und bei der Familien-Spielshow „Groß gegen Klein“, wo sie gegen Otto Waalkes antrat. Nun ist es der Ministerpräsident, der dem jungen Mädchen und ihrer ausdrucksstarken Stimme freundlich-andächtig zuhört.

Rico Mecklenburg hält seine Ansprache auf Platt. Der Landschaftspräsident lernt seit einiger Zeit mit der PlattinO-App und wirbt auch gegenüber Stefan Weil davon. Ob das auch im „biblischen Alter“ möglich sei, fragt Weil scherzend.

Roter Schirm für den Schirmherrn Stephan Weil. Links assistiert Schuldezernentin Gabriele Scheel.

Maximal fünf Minuten sind jedem Redner zugestanden. Mecklenburg nutzt sie, um für die Plattdeutsch-Aktionen im September zu werben und auf die Sprachverwendung im Bundestag zu verweisen. Seit Bundestagsabgeordneter Johann Saathoff (SPD) vor dem Plenum eine Rede auf Platt gehalten hat, habe der Politiker es sich angewöhnt, in jeder Rede einen plattdeutschen Begriff einzupflegen. „Da warten alle schon drauf.“

Einen Song der „Deichgranaten“ singt Talea Grensemann, begleitet von Enno Feenders.

Weil schwärmt von der gemeinsamen Sprache, die Gemeinschaft stifte, spricht davon, dass man Regionalsprachen weiter verbreiten könne, etwa durch das Begrüßungs-Moin. Die Dezernentin beim Landesamt für Schule und Bildung, Gabriele Scheel, betont, dass „die Riege der Plattsprecher“ sich verjünge und dass die Akzeptanz für das Plattdeutsche sich in den Schulen stark verbreite.

Alle, die dabei waren, rund um Ministerpräsident Stephan Weil auf der Treppe vor dem Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft.

Weil bekommt einen roten Schirm mit der Aufschrift „Platt is cool“ überreicht und hält ihn fotogen in die Kameras. Er geht herum, unterhält sich mit den Schülern. Zum Fototermin drängen alle nach draußen. Gruppenfoto, dann Einzelaufnahmen mit den jeweiligen Schülern. Weil bleibt geduldig, obwohl die Zeit drängt. Exakt 30 Minuten waren für den Besuch bei der Landschaft vorgesehen. Zehn Minuten Verspätung brachte er mit, jetzt schreitet der Zeiger beunruhigend voran. Weil muss weiter. Er wird in Leer zu einem politischen Dialog erwartet. Der Raum leert sich. Finis.