Mit Behagen goutiert

Emden. 1820DieKUNST hat erstmals einen Vortrag im digitalen Format angeboten, wie Vorsitzender Gregor Strelow im Rahmen der Begrüßung sagte. Angesichts der aktuellen Unwägbarkeiten werde man an einer Fortsetzung arbeiten. Der Vortrag war als Ersatz für das in diesem Jahr ausgefallene traditionelle Grünkohlessen der KUNST gedacht.

Daher hatte Referent Dr. Stefan Borchardt, freier Kunsthistoriker und ehemaliger Direktor der Kunsthalle Emden, ein passendes Thema gewählt. „Gaumenlust als Augenschmaus – eine kleine Tafelrunde“ bot einen kulturhistorischen „Ersatz“ für entgangene reale Essfreuden.

Borchardt zeigte anhand von Bildern aus großen Museen, aber auch an Exemplaren aus dem Bestand des Ostfriesischen Landesmuseums, dass die Darstellung von Essen und Trinken auf Gemälden des 16., 17. und 19. Jahrhunderts stets auch eine geistige Bedeutung hat. Denn die dargestellten Genüsse haben in der frühen Zeit mehrfache Bezüge: der Apfel verweist auf den Apfel der Erkenntnis, der Kohl steht als Sinnbild für Kargheit, die Nelke auf die Nägel, mit denen Christus ans Kreuz geschlagen war.

Daneben dienten Speise-Stillleben aber auch zur Demonstration des Wohlstands des Gastgebers oder sie mahnten als Fasten-Stillleben an das christliche Gebot der Mäßigung. Aus der neueren Zeit stellten Manets „Spargel-Bündel“ oder Warhols „Campbells Tomato Soup“ Beispiele für die Weiterführung der Stilleben-Tradition dar – nun aber ohne christlichen Kontext, sondern als eine Art porträtiertes Objekt.

Borchardt kombinierte den kunsthistorischen Teil mit einem geeigneten literarischen, indem er zum Beispiel aus dem „gastronomischen Führer durch das Paris des 19. Jahrhunderts“ mit dem Buchtitel „Der Club der Bäuche“ von Jean Paul Aron zitierte und eine Speisenfolge aus einem 24-stündigen Gelage vorstellte – sehr zum Vergnügen der Zuhörer, die den anregenden Vortrag Borchardts mit wirklichem Behagen goutierten.