Tradition der „Clementiner“ wird fortgeführt

Oberbürgermeister ist Mitglied der Bruderschaft geworden

Emden. Die älteste Wohlfahrtseinrichtung Emdens hat sich neu formiert. Sechs Bürger, darunter Emdens Oberbürgermeister Tim Kruithoff, wollen die „Clementiner-Bruderschaft“ weiterhin am Leben erhalten. Das teilt Schaffer Dr. Benjamin van der Linde mit.

Im Dezember 2021 habe in der Konsistorienstube der Neuen Kirche das erste Treffen stattgefunden, um die Tradition der ältesten in der Stadt noch bestehenden Diakonie aus dem 15. Jahrhundert durch eine personelle Neubesetzung fortzuführen. Dabei gehe es derzeit nicht darum, irgendwelche Aktivitäten zu planen. Erster Ältermann Dietmar Frerichs betont im Gespräch mit KiE, man wolle im Augenblick vor allem die Geschichte der Einrichtung aufarbeiten.

Deckblatt der Statuten von 1698. Das Dokument befindet sich heute im Stadtarchiv Emden. Bilder: van der Linde

Die Bruderschaft war von den Emder Kaufleuten Johannes Barghoorn und Heye Heikens ins 21. Jahrhundert geführt worden. Barghoorn selber hatte kurz vor seinem Tod mit Dietmar Frerichs abgemacht, dass dieser als nächster Ältermann die Nachfolge absichern werde.

Die Clementiner-Brüderschaft ist 1481 als Laienbrüderschaft ins Leben gerufen worden. Die ersten Statuten haben die Brüder sich 1495 gegeben. Benjamin van der Linde: „Der Name stammt von Papst Clemens (* um 50; † 97 oder 101), der als Patron der Seefahrer gilt.“ Mit der Reformation habe sich die Ausrichtung der nunmehr reformierten Einrichtung geändert. Fortan unterstützte sie vor allem Schifferarme, später in der Regel Witwen und Waisen von zumeist verunglückten Seeleuten.

Zu leiden hatte die Bruderschaft in der NS-Zeit, als die selbst verwalteten Armenhäuser an die Machthaber abgetreten werden mussten und ein Bunker auf dem Grundstück errichtet wurde. In dieser Zeit habe ihr institutionelles Überleben auf dem Spiel gestanden, sagt van der Linde. „Ihrer finanziellen Mittel weitestgehend beraubt, hat die Brüderschaft nach dem Zweiten Weltkrieg daher vor allem das Ziel verfolgt, das geschichtliche Vermächtnis zu bewahren.“ Dazu habe gehört, die materielle Überlieferung wie Schlüssel, Amtskette oder auch die alten Urkunden zu sichern.

Clementiner-Schlüssel von 1834. Er befindet sich als Depositum in der Johannes a Lasco Bibliothek

Früher habe die Tradition bestanden, dass jeder ausscheidende Schaffer einen silbernen Schlüssel erhielt. Einige dieser Schlüssel sind heute noch beziehungsweise wieder im Eigentum der Bruderschaft. Sie befinden sich in der Johannes a Lasco-Bibliothek sowie im Ostfriesischen Landesmuseum. Daher haben die Brüder auch jüngst den Erwerb eines solchen „Clementiner-Schlüssels“ durch die Freunde des Ostfriesischen Landesmuseums (KiE berichtete) finanziell unterstützt. „Gerade die öffentliche Sichtbarkeit der Einrichtung ist uns wichtig,“ macht Benjamin van der Linde deutlich. Eine Tradition lebe vor allem, wenn sie auch öffentlich wahrgenommen werde.

Daher entwickelte man den Gedanken, zunächst Geschichtsforschung zu betreiben. „Dies ist freilich noch ein weiter Weg.“ Ein erster Schritt sei aber mit der Sichtung von Urkunden, Akten und verschiedenen Objekten bereits unternommen worden, teilt der Historiker van der Linde mit.

► Falls sich in einigen Familien noch Unterlagen oder Schlüssel befinden, die zur Verfügung gestellt werden könnten, würden sich die Clementiner über eine Nachricht freuen. Ansprechpartner: Dietmar Frerichs, Tel. 0 49 21 / 3 40 00 oder dietmar.frerichs@t-online.de

► Zu den aktiven Clementiner-Brüder gehören: Dietmar Frerichs (1. Ältermann); Tim Kruithoff (2. Ältermann). Schaffer sind Dirk Barghoorn; Jan-Behrends Egberts; Marten Klose und Dr. Benjamin van der Linde