Wenn das Böse Musik machen würde …

Aurich. … könnte es so klingen wie das Konzert am Montag (13. Juni) in der Stadthalle Aurich. Dort beschworen ein Streichorchester, ein Soundmaster/Komponist und ein Sprecher drei Monster der Filmgeschichte: Frankenstein, Dracula und Goldfinger, wobei der Schwerpunkt im letzten Fall geteilt war und auch 007 James Bond umfasste. Das lag vor allem an dem Schauspieler Dietmar Wunder, der plaudernd und lesend durch den Abend leitete. Seit ihm das Synchronstudio mitteilte, dass er nunmehr vom Geheimdienst ihrer Majestät in Dienst genommen sei, ist Wunder die deutsche Stimme von Bond-Darsteller Daniel Craig.

Die „Metamorphosen Berlin“ mit Sprecher Dietmar Wunder, Konzertmeisterin Indira Koch, Dirigent und Cello-Solist Wolfgang Emanuel Schmidt. Bilder: Karlheinz Krämer

Das älteste der Monster ist Frankenstein, 1818 von Mary Shelley erfunden. Die Story, die der Filmkomponist Enjott Schneider aus dem Originaltext extrahierte, nahm er zur Grundlage eines musikalischen „Psychograms“, dass den Text illustriert und weiterentwickelt. Und da das Streichorchester, wie Schneider im Programmheft-Interview sagt, „eine monochrome Farbe“ bietet, sorgte er selber für hintergründiges Geräusche-Kino, „Live Sound Design“ genannt, wobei der cineastische Teil sich im wesentlichen im Kopf abspielen möge.

Die Dracula-Legende übersetzte Schneider in ein Doppelkonzert für Violine, Violoncello und Streichorchester, wobei neben dem Sound-Design auch der Erzähler wieder zum Einsatz kam, indem er die Textpassagen vorlas, auf die die Musik dann kommentierend und interpretierend Bezug nahm. Schneider verarbeitet nämlich nicht Szenen aus dem Roman von Bram Stoker, sondern nimmt sich den historischen Dracula vor, der den Beinamen „der Pfähler“ trug und aufgrund eines kindheitlichen Traumas zu einem grausamen Despoten wurde. Die Musik fing diese spezielle Bösartigkeit mit effektvoll flirrenden Klängen, tiefen Bass-Passagen und drohendem Trommeln ein.

Am Pult: der Dirigent Enjott Schneider

„Goldfinger-Variationen“ und „The Bad guy of Jamaica“, zwei jeweils fünfsätzige Kompositionen, verarbeiteten Szenen aus „Goldfinger“ und „Dr. No“, zwischendurch gab es erklärende Sätze von Wunder, der auch berichtete, wie man in einem Synchronstudio arbeitet. Seine lebhaften Darstellungen ernteten viel Applaus, zumal er mit humorvollen Sentenzen nicht geizte und zum Vergnügen der Besucher auch seine Lieblingssätze aus den fünf Filmen mit Daniel Craig zum besten gab. Das Streichorchester Metamorphosen unter dem bestens gelaunten Dirigenten Wolfgang Emanuel Schmidt, der gemeinsam mit Konzertmeisterin Indira Koch auch solistisch eingebunden war, erwies sich als Ensemble, das sich auf die Musik Enjott Schneiders gerne einstellte, zwischendurch aber auch hohe Qualität als Interpret Vivaldis – „Der Sturm“ aus den „Vier Jahreszeiten“ – bewies. Auch das berühmte Bond-Thema von Monty Norman machte dem Ensemble viel Spaß. Es wurde dann auch als Zugabe wiederholt.

Moderierte den Abend: Schauspieler Dietmar Wunder

Eröffnet wurde das Konzert ganz exquisit mit zwei Tänzen aus der „Capriol Suite“ von Peter Warlock, die mit ihren Anklängen an die Renaissance in die historische Situation des Frankenstein Psychograms hinüberleiteten, zugleich aber auch einen Kontrast anlegten, auf dem die Schneider-Komposition ihre Effekte versprühen konnte.

► Das Konzert wurde von NDR Kultur aufgezeichnet und ist am 4. Juli in der Sendung „Das Konzert“ nochmals zu hören.