Die Friesische Freiheit wurde sein Thema

Zum Tod des Historikers Professor Dr. Heinrich Schmidt

Ostfriesland. Kennengelernt habe ich ihn leider nie, wohl Vorträge von ihm gehört, dabei auch wohl einen Blick aus der Ferne gewechselt – und natürlich seine Publikationen gelesen. Zuvörderst seine „Politische Geschichte Ostfrieslands“, die er im Rahmen des Riesenprojektes „Ostfriesland im Schutz des Deiches“ 1975 geschrieben hatte. Ein Werk, das immer noch zu Rate zieht, wer über die Geschichte dieser Region höchst sachkundig informiert werden möchte.

Professor Dr. Heinrich Schmidt war immer so etwas wie eine Legende, sein Name wurde stets mit viel Respekt genannt, was sowohl mit seinem immensen Wissen speziell über die Regionen Ostfriesland und Oldenburg zu tun hatte, als auch mit der Fähigkeit zur Vermittlung. Dieser Leidenschaft für das Lehren konnte er an der Universität Oldenburg frönen, als er 1976 auf die Professur für Sozialgeschichte des Mittelalters berufen wurde. Er setzte es aber auch um in einer unglaublichen Vielzahl von Vorträgen, mit denen er auch Nichtfachleuten seine Themen nahe bringen konnte.

Im Vorwort zur Festschrift anlässlich des 80. Geburtstages von Schmidt erinnern sich die Herausgeber, darunter auch der Auricher Historiker Hajo van Lengen, an die Anfänge des Jubilars in Ostfriesland. Schmidt war gerade mit einer Arbeit über deutsche Städtechroniken im Spätmittelalter an der Universität Göttingen zum Dr. phil. promoviert worden, als er 1960 als junger Archivassessor nach Aurich geschickt wurde. Darüber sei er nicht gerade glücklich gewesen, heißt es in der Festschrift „Ostfriesland und Oldenburg“ von 2008. Doch dann habe Schmidt hier sein großes Thema entdeckt. „Und mit einem Paukenschlag stimmte er es 1963 im Emder Jahrbuch an: Studien zur Geschichte der friesischen Freiheit im Mittelalter.“ Es wurde ein Thema, das Schmidt nie wieder los ließ.

1969 wurde Schmidt Direktor des Staatsarchivs Oldenburg. Und auch hier weckte die Geschichte der Region seine ganze Begeisterung. Neben der Lehrtätigkeit an der Universität amtierte Schmidt unter vielem anderen von 1986 bis 1998 als Vorsitzender der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen. Parallel dazu lief seine ausgedehnte Vortragstätigkeit. Die Arbeitsbelastung wuchs immer weiter, so dass ein Laudator anlässlich einer Veranstaltung zu Schmidts 65. Geburtstag ihm bescheinigte: „Heinrich Schmidt gerät durch die selbst übernommene Verpflichtung häufig fast an die Grenze seiner Belastbarkeit, zumal er es nicht übers Herz bringt, im eigenen Interesse auch mal Nein zu sagen.“

Als Historiker bewegte Schmidt das Verhältnis zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Und so kam er denn zu dem Schluss, „dass auch unsere so modernitätsbewusste und zukunftsorientierte Gegenwart nicht ohne Vergangenheit zu denken und zu begreifen ist. Noch immer muss, wer das Heute recht verstehen will, seinen Anfängen im Gestern nachspüren“.

Professor Dr. Heinrich Schmidt ist am 27. Juni im 94. Lebensjahr in Oldenburg gestorben.