Ganz neue Winkel musikalischer Entfaltung
Backemoor. Unter das Motto „Anner Lü sünd ok Lü“ hatte Helmut Collmann, Altpräsident der Ostfriesischen Landschaft, seine plattdeutsche Begrüßung in der Kirche von Backemoor gestellt. Und das konnte man nahtlos auf den Abend übertragen „Andere Komponisten sind auch Komponisten“. Es muss nicht immer um die „Großen“ gehen, auch die weniger bekannten Tonsetzer können wahre Meister ihres Fachs sein.
Das bewies das „Trio Parnassus“ anhand des Trios für Klavier, Violine und Violoncello von Christian Heinrich Rinck, der im selben Jahr geboren wurde wie Beethoven und seinerzeit als Organist berühmt war, aber mit der aufkeimenden Bach-Renaissance in Vergessenheit geriet. Rinck steht als Verschmelzer von Stilen zwischen Barock, Klassik, Romantik und Biedermeier – und das hörte man dem Trio auch an. Aber dieser musikalische Eklektizismus war so reizvoll, so charmant und so virtuos, dass man seiner Musik auch den ganzen Abend hätte zuhören können. So aber gab es „nur“ ein Werk von ihm – aber er tauchte in der Zugabe wieder auf, als das Trio Parnassus den Finalsatz aus dem Klavier-Trio Es-Dur von Rinck spielte.
Die beiden anderen Werke des Konzertes boten ebenfalls Musikstücke, die auf höchst interessante Weise zustande gekommen sind: ein Streich-Trio von Beethoven, das sein Schüler Ferdinand Ries in ein Klavier-Trio umgewandelt hatte und ein Septett mit zwei Hörnern von Beethoven, das er selber in ein Klavier-Trio umgearbeitet hatte. Dabei hatte er sich bemüht, den voluminösen Klang der Ursprungsbesetzung auf das Trio zu übertragen, was ihm in bestechender Weise auch gelang. Das Trio Parnassus hatte dieses Werk an den Schluss des Konzertes gestellt – und das war allein schon vom Umfang der Komposition her sehr gerechtfertigt.
Die drei Musiker erwiesen sich als Sympathie-Träger, die Spaß hatten, ihre Musikauswahl zu kommentieren – was Pianist Johann Blanchard übernahm. Cellist Michael Groß ist als Gründungsmitglied des Trio Parnassus seit 1982 dabei. Und Julia Galić hat das Violin-Pult 2016 übernommen. Die drei Musiker tragen offensichtlich das 1999 verliehene Siegel als eines der zwei führenden Klaviertrios der Gegenwart selbstbewusst in die Zukunft. Aber ob nun preisgekrönt oder nicht – ihr jederzeit dynamischer Vortrag bereitet unglaubliche Freude, und ihre Programmauswahl führte in ganz neue Winkel musikalischer Entfaltung. Man hätte ihnen ohne weiteres noch länger zuhören mögen.