Der gefesselte Engel der Machtlosigkeit

Eröffnung der Ausstellung „Kunst für die Ukraine“ in der Neuen Kirche

Emden. Es war die spontane Idee einer Kunstschaffenden angesichts des Kriegsausbruchs in der Ukraine. „Ich war auf dem Weg von Wuppertal nach Rysum, als mir klar wurde: Du musst etwas machen“, erinnert sich Gina Sossna-Wunder.“ Die Künstlerin, die seit 15 Jahren ihr Atelier in Rysum führt, wandte sich an einige Kollegen. „Macht ihr mit?“ Sie machten mit! Es kam zu einer Wanderausstellung, die – nach Esens und Leer – auf der nunmehr letzten Station in der Neuen Kirche in Emden angekommen und dort ab sofort zu sehen ist – und das bis zum 6. August.

Eröffneten die Ausstellung in der Neuen Kirche: Gina Sossna-Wunder, Rico Mecklenburg und Pastorin Etta Züchner mit der Skulptur „Ohne Macht“ von Rolf Hillen

Der gefesselte Engel der Machtlosigkeit besteht aus Papier. Er ist zwei Meter hoch, weiß und scheint zur Salzsäule erstarrt – angesichts von blutverschmiertem Umhang und deformiertem Flügelpaar verständlich. Der korrekte Titel des Werkes ist „Ohne Macht“. So hat sein Schöpfer, Rolf Hillen, den Engel getauft. Er starrt unbewegt und blicklos in den Raum, wo sich die Arbeiten von insgesamt zehn Künstlern an den Wänden verteilen, die mit unterschiedlichen Stilmitteln dasselbe ausdrücken – Hilflosigkeit angesichts eines kriegerischen Geschehens, das die Menschheit seit Jahrtausenden begleitet und für Flucht, Vertreibung und Tod verantwortlich ist.

„In einer Nussschale den Ozean überqueren“ heißt diese Arbeit von Hielkje van Damme

Pastorin Etta Züchner begrüßte die Veranstaltung im Namen des Kirchenrates der Evangelisch-reformierten Gemeinde Emden als einen Akt, der bezeuge, dass die Ukrainer nicht vergessen seien. Gleichwohl habe sie bei der Anfrage, ob die Ausstellung im Juli in der Neuen Kirche stattfinden könne, gedacht: „Bis dahin ist der Krieg doch sicher vorbei …!“ Nun müsse man feststellen, dass dem nicht so sei.

Vielfältig sind die Techniken, die in der Neuen Kirche zu sehen sind. Sie reichen von Holzschnitt und Acryl bis zu Collagen und Installationen

Schirmherr der Gesamtveranstaltung ist Landschaftspräsident Rico Mecklenburg, der sowohl die schnelle Aktion von Gina Sossner-Wunder hervorhob wie er auch die „eindrucksvollen Werke“ bewunderte – als ein Statement der Kunst gegen den Krieg.

Kriso ten Doornkaat hat aus Zeitungspapier, Leim, Farbe und „ollen Bettlaken“ die Arbeit „Sind wir alle gleich?“ geschaffen

Die Initiatorin dankte unter anderem den ehrenamtlichen Kirchenöffnern, die den Sommer über dafür sorgen, dass die Kirche Gästen wie Einheimischen die Möglichkeit bietet, die Ausstellung, zu der inzwischen auch ein Katalog erschienen ist, zu sehen.

An der Ausstellung beteiligen sich: Michael Becker, Ingrid Freihold, Margit Hillen, Rolf Hillen, Ida Oelke, IngOhmes, Michael Schildmann, Gina Sossna-Wunder, Kriso ten Doornkaat und Hielkje van Damme

► Neben den großen Werken, die beim Verkauf 50 Prozent des Erlöses in die Ukraine-Kasse spülen, haben die Künstler Arbeiten im Mini-Format, Grafiken sowie Postkarten vorbereitet, die für kleines Geld gekauft werden können. Diese Einnahme wird zu 100 Prozent gespendet.

► Öffnungszeiten der „Offenen Kirche“: montags bis freitags von 15 bis 17 Uhr.