Ein Parcours der Möglichkeiten

Die Friesenbühne spielt – nach langer Corona-Pause – „De Gigolo-Lehrjungs“

Emden. Das war frech. Das war pfiffig. Das war zum herzhaften Lachen sehr geeignet. Und es war so schön durchgeplant, dass das Publikum in zwei Mini-Pausen, die die Spieler zum Umziehen benötigten und die mit Musik zur Kurzweil gefüllt wurde, spontan anfing zu singen: „Die kleine Kneipe in unserer Straße. Da, wo das Leben noch lebenswert ist …“ Ein bisschen geschunkelt wurde zu dem Udo Jürgens-Hit auch – und so machte sich eine ganze Menge Lebensfreude breit. Das war auch so gedacht – nach zwei üblen Jahren sollte das Haus Fröhlichkeit ausstrahlen, sagte die Regisseurin von „De Gigolo-Lehrjungs“, Birgit Frerichs, vor Veranstaltungsbeginn.

Sorgten für jede Menge Heiterkeit: Werner Nörtker, Dirk Groenewold, Steffen Wulff und Karl-Peter Frerichs

Sie hatte sich einiges einfallen lassen, um das Stück unterhaltsam zu gestalten. Situationskomik, sprechende Mimik und Sprachwitz trafen massiv zusammen und ließen vergessen, dass Inhalte nur bescheiden zu finden waren. Es gab statt dessen einen kraftvollen Plott, der in vier Akten in vielerlei Richtungen durchleuchtet wurde. Dabei ging es – harmlos ausgedrückt – schon ziemlich „zur Sache“.

Um dieses Thema rund um einen männlichen Escort-Service überwiegend heiter zu behandeln, hatte Birgit Frerichs vier Männer auf die Bühne gebracht, die wahrhaft „stark“ agierten und die darzustellenden Typen mit so großer Selbstverständlichkeit verkörperten, so dass es ein wahres Vergnügen bedeutete, ihnen bei der Entfaltung der Rollen zuzusehen.

Situationskomik, Mimik und Sprachwitz: Werner Nörtker und Dirk Groenewold

Da ist Werner Nörtker, der als Kneipenwirt Kuddel am Tod seiner Frau laboriert und sich nun, obwohl mit starken Zweifeln behaftet, in ein neues, ganz andersartiges Abenteuer stürzt. Da ist Thomas (Karl-Friedrich Ferichs), der arbeitslose Maurer, der zu einem höchst wagemutigen Entschluss kommt – angestiftet von seinem Impressario Stefan (Dirk Groenewold), der viel in Bewegung bringt, selber aber lieber ungeschoren davonkommen möchte. Und da ist Rico (Steffen Wulff), ein Callboy der angenehmen Sorte, der sein Umfeld aber höchst realistisch einschätzt.

Dazu kommt ein bisschen Selbsterkenntnis, ein bisschen Kritik – schließlich möchte auch ein Callboy ernst genommen und von übergriffigen Handlungen der weiblichen Kundschaft frei bleiben, und es werden verschiedene Formen der Liebe durchdekliniert, denn das ist nun einmal in einer Komödie so, dass man sich ein fröhliches Ende wünscht, in dem jeder Pott seinen Deckel findet.

Der letzte Akt hinkte der bis dahin durchgehend flott inszenierten Aufführung zwar etwas hinterher. Da verlor das Spiel zeitweilig an Dynamik. Doch letztlich dominierte auch hier wieder ein ganz menschlich angelegtes Durchhaltevermögen gegen widrige Umstände.

Die vier Protagonisten lieferten einen glänzenden Auftritt zu einem Thema, dass ohne weiteres peinlich, lächerlich oder unangenehm hätte werden können. Wurde es aber nicht! Dafür sorgten die höchst souverän agierenden Friesenbühntjer und zeigten damit, dass sich buchstäblich jedes Thema für die Bühne eignet – wenn mit sicherer Hand durch den Parcours der Möglichkeiten geführt wird.