Patenschaften sind ins Rollen gekommen

Emden. Es waren nicht so viele Gäste da, wie erhofft, aber die, die anwesend waren, stellten sich nahezu alle als Paten zur Verfügung, die gewillt sind, Museumsschätze zu retten. Die Aktion von 1820dieKUNST im Ostfriesischen Landesmuseum Emden ist am Sonntag (2. Oktober) angelaufen, und eine ganze Reihe von Museumsstücken, die bisher aufgrund ihres schlechten Erhaltungszustandes ein Dasein im Magazin fristen, können nun restauriert werden.

Eröffnet wurde die Patenschafts-Ausstellung vor Ort

Dabei zeigten sich persönliche Vorlieben oder berufliche Bezüge als Grund für die Übernahme von Patenschaften. So berichtete eine Besucherin, dass sie als Kind in Strohdocken gespielt habe. Sie übernahm demzufolge das Gemälde „Getreidesiegen II“ von Jaques Roskamp als Patin. Eine Emder Buchdruckerei hat die Restaurierung der Zunftrolle der Buchbinder aus dem 19. Jahrhundert zu ihrer Sache gemacht. Die Fielmann AG übernimmt die Restaurierung von acht Glasbildern, und die Professor Ritter-Stiftung lässt auf ihre Kosten das großformatige Porträt der Wilmke Stipels restaurieren.

Vorstandsmitglieder der KUNST haben sich ebenfalls in den Dienst der Sache gestellt und die Patenschaft für eine „Komposition mit dem Emder Hafentor“ von 1896 oder für das „Bildnis einer jungen Frau mit Diadem“ übernommen. Paten haben aber auch eine Tusche-Zeichnung mit dem Bildnis der „Langen Brücke mit dem Zollhaus“ von 1796, die Karte vom untergegangenen Rheiderland von 1824, das kleinformatige Gemälde „Kuh und Schafe auf der Weide“, auch benannt als „Die urinierende Kuh“ aus dem 1. Drittel des 19. Jahrhunderts gefunden. Weiterhin: das Gemälde „Bewegte See mit Booten“ von Poppe Folkerts oder die Hinweistafel auf die Schiffslinie nach Hamburg.

Fachsimpelei war möglich. Hier geht es um ein Paar Schlittschuhe

Es gibt aber noch eine Fülle weiterer Kunst- und Alltagsgegenstände in der „Herzkammer des Museums“, wie KUNST-Vorsitzender Gregor Strelow den Ausstellungsort im ehemaligen Kino des Landesmuseums nannte, die auf Paten hoffen. Jedem Objekt sind Informationskärtchen, sogenannte Steckbriefe, zugeordnet, auf denen die wichtigsten Informationen zusammengefasst sind. Hier sind auch die jeweiligen Adressen derer zu finden, die man kontaktieren kann, um seine Bereitschaft zur Patenschaft mitzuteilen.

Es müsse, so sagte Kuratorin Dr. Annette Kanzenbach, auch nicht immer ein ganzes Objekt sein, für das man Geld gebe. Es ist auch möglich, Beteiligungen an Restaurierungen zu übernehmen. Man setze bei der ganzen Aktion auf Mundpropaganda sagte Kanzenbach und forderte auf: „Erzählen Sie es weiter!“ Zuvor hatte schon Gregor Strelow darauf hingewiesen, dass man auch Anteilsscheine für Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenke erwerben oder eine Patenschaft für ein Firmenjubiläum vergeben könne. Sicher sei: Es gäbe eine Spendenquittung fürs Finanzamt. Sicher ist aber auch, darauf verwies Annette Kanzenbach, dass noch viele weitere Objekte aus der Emder und der ostfriesischen Geschichte auf eine Restaurierung warten – sie sind allerdings in einem so schlechten Zustand, dass man sie nicht mehr bewegen dürfe, um sie zu schützen.

Fand einen Paten: die Tuschezeichnung „Die Lange Brücke mit dem Zollhaus“ von Gerke Jans de Jager aus dem Jahr 1796

Als Beispielfür eine gelungene Restaurierung stellte Diplom-Restauratorin Sybille Kreft (Dresden) dann das Gemälde der Tecla von Diepholt von 1595 vor. Dieses war von 1820dieKUNST 2021 als Dachbodenfund aufgekauft worden und befand sich in einem äußerst schlechten Zustand. Ihr erster Gedanke sei dann auch gewesen, den Auftrag lieber nicht anzunehmen, meinte Sybille Kreft. Gleichwohl habe sie das Gemälde in ihr Atelier mitgenommen und sich dann doch an die Restaurierung gewagt. Diese sei dadurch erschwert worden, dass das Gemälde auf hauchdünne Leinwand gemalt und dann mit dickem Knochenleim auf eine Holztafel aufgeklebt worden sei. Millimeterweise habe sie dann – 400 Jahre später – die Trennung von Leinwand und Holz vorgenommen, was nur durch Anwendung einer speziellen Haltekonstruktion gelungen sei. Nun strahlt das Bildnis der Schwiegertochter Eggerik Beningas wieder in den ursprünglichen Farben. Es zeigt die zu dem Zeitpunkt 48-jährige Tecla van Diepholt mit prächtiger Witwenhaube und einem Buch in den Händen. Auch dieses Gemälde ist mit den sanierungsbedürftigen Objekten in einem Raum ausgestellt.

► Die Ausstellung „Paten retten Museumsschätze“ im Ostfriesischen Landesmuseum ist noch bis zum 30. Oktober zu sehen
► Führungen: mit Annette Kanzenbach am 13. und 18. Oktober, je 16 Uhr; mit Aiko Schmidt am 30. Oktober um 11.30 Uhr.
► Vortrag: von Dr. Annette Kanzenbach am 25. Oktober, 19 Uhr, im Rahmen der neuen Dienstagsrunde von 1820dieKUNST im Rummel des Rathauses. Eintritt: frei