Emden zählt 520 Denkmale

Emden. Das Schlüsseljahr, in dem in Emden begonnen wurde, sich um Denkmale zu kümmern, war 2008. Damals wurde gegen den erheblichen Willen der Bevölkerung das Neptunhaus abgerissen. Die damalige Diskussion um das markante Haus führte dazu, dass Emden heute das „beste Denkmalverzeichnis Ostfrieslands hat“, sagte Wilhelm Lienstromberg vom gleichnamigen Architekturbüro in Meppen, der beauftragt worden war, eine entsprechende Projektstudie durchzuführen.

Lienstromberg referierte gemeinsam mit Michaela Bottke, Untere Denkmalschutzbehörde der Stadt Emden, über „Entwicklungen, Projekte und Chancen der Emder Denkmalpflege“. Eingeladen hatte der „Verein ANNO – Gesellschaft zur Erhaltung ostfriesischer Kultur- und Baudenkmale e.V.“ in den Rummel des Rathauses. Und obwohl es personelle Ausfälle wegen der wieder aufflackernden Corona-Infektion gab, war der Saal gut gefüllt.

Damit ging in Emden das Bemühen um den Denkmalschutz los: das Neptunhaus, das 2008 abgerissen wurde. Archiv: KiE

Der Architekt aus Meppen hat die Denkmale der Stadt und der Vororte in einem dreigliedrigen Verfahren 2010/12, 2017 und 2022 erfasst. Nicht alle sind als Denkmal auch anerkannt worden, viele stehen noch zur Prüfung auf der Liste des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege. „Denn die Inventarisierung ist eine hoheitliche Aufgabe des Landes.“ Gleichwohl sei eine große Dynamik in der Anerkennung von Baudenkmalen entstanden, sagte Lienstromberg. Es gäbe allerdings eine bunte Vielfalt an Denkmalen zwischen Flächendenkmälern wie dem Wall oder dem alten Seedeich zwischen Wybelsum und Transvaal und historischen Häusern, Mühlen, Wasserbauwerken. Dazu kämen in Emden der gesamte Nachkriegsbestand, der vorwiegend in den 50er Jahren errichtet wurde.

Lienstromberg fände es allerdings wünschenswert, wenn Behelfsheime, von denen es ja nur noch sehr wenige gäbe, als Denkmale anerkannt würden. Bedauerlich sei es aus seiner Sicht, wenn historische Villen oder Bauernhöfe, die häufig an den Ausfallstraßen zu finden seien, nicht genug Aufmerksamkeit fänden. Deutlich monierte der Architekt, dass Gebäudegruppen als Ganzes geschädigt würden, wenn an einem Haus der Gruppe nicht sachgerechte Sanierungen vorgenommen würden.

Bei seiner Arbeit an der Projektstudie habe er sich auf einen sehr breit angelegten Aktenbestand stützen können. Das habe allerdings nur für die Innenstadt gegolten. „Zur Peripherie hin wurde es sehr dünn.“ Immerhin kamen bei den Untersuchungen 520 Objekte zusammen, die den Denkmalbestand Emdens darstellen.

Dass es durchaus möglich sei, diesen Bestand zu erhöhen, machte Michaela Bottke von der Unteren Denkmalschutzbehörde deutlich, die generell darauf verwies: „Es hat sich etwas getan im Bereich Denkmalschutz.“ So sei die Alte Post mitsamt den Werkstätten ebenso als Denkmal ausgewiesen worden wie die Commerzbank, Häuserzeilen in der Ring-, der Fürbringer-, der Fokko-Ukena oder der Gräfin-Anna-Straße, die Alte Waage am Markt oder Häuser in Klein-Faldern. Aber auch der Cassens-Park in Larrelt, die Reste der Emsmauer, ja sogar das Geländer rund um den Ratsdelft gehören zum Denkmalbestand. Bottke monierte, dass zu wenig Objekte eine Denkmal-Plakette aufweisen. Die könne man formlos bei ihr beantragen.

Beide Referenten betonten, dass das Bemühen um den Erhalt alter Substanz in der heutigen Zeit nachhaltig und kostengünstig sei. Auch ökologische Faktoren sprächen dafür, denn es würde Baumaterial geschont.

Wilhelm Lienstromberg regte an, die Nachkriegs-Architekten mit ihren Gebäuden stärker in den Blick zu nehmen und ihnen eine Retrospektive zu widmen – speziell das Büro Janssen und Latta sei es wert, in dieser Weise gewürdigt zu werden, weil markante Gebäude in der Stadt von diesem Büro gestaltet worden seien.

In der lebhaften Abschlussdiskussion machten Besucher des Abends auf die Backstube von Bäcker Oltmanns aufmerksam, deren Ausstattung noch vollständig im alten Stil vorhanden und sicherlich denkmalwürdig sei. Eine Besucherin legte ihren Wunsch offen, ein Zentrum für die Baukultur der 50er Jahre in den Innenstadt zu eröffnen. „Die Zeit dafür ist reif. So etwas wie den Abriss des Neptunhauses darf es nie wieder geben!“

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