Gedenken allein reicht nicht aus!

Emden. Die Gedenkveranstaltung zum 9. November 1938 stand in diesem Jahr unter dem Nachdenken über das Gedenken und der Fragestellung, welchen Stellenwert diese Erinnerungskultur überhaupt hat.

Zwischen blau angestrahlten Lebensbäumen steht der Gedenkstein für die Synagoge. Davor der Kranz zum Gedenken an die Pogromnacht 1938

In der teilweise gesperrten Bollwerkstraße hatten sich am einstigen Standort der Synagoge rund 100 Besucher eingefunden, die zunächst noch einmal mit den Fakten jener „Reichspogromnacht“ konfrontiert wurden, ehe Oberbürgermeister Tim Kruithoff das Wort ergriff. Er erinnerte daran, dass der November für Deutschland reich an Gedenktagen sei: die Abdankung Kaiser Wilhelm II., der Hitler-Putsch, der Fall der Mauer – uns eben die Pogromnacht.

84 Jahre später müsse man feststellen, dass wieder Judenhass aufflamme. „Er ist wieder Alltag geworden“, stellte Kruithoff fest. Instinktlosigkeit herrsche, wenn die Dokumenta an eine „zweifelhafte Künstlergruppe“ vergeben werde oder der Bundeskanzler widerspruchslos hinnehme, dass Palästinenserpräsident Abbas den Holocaust relativiere. Kruithoff appellierte, gegen solche Entwicklungen einzuschreiten. Das sei die Grundlage einer wehrhaften Demokratie. Die aktuellen Entwicklungen machten deutlich, dass Gedenken allein nicht ausreiche, „uns vor den Katastrophen der Welt zu bewahren“.

Gero Conring, der für die Max-Windmüller-Gesellschaft sprach, verwies im Rückblick auf die Geschehnisse der Nazi-Zeit darauf, dass kein Gedenken ausreiche, die historische Realität ungeschehen zu machen.

Schülerinnen und Schüler des 10. Jahrgangs des Johannes Althusius Gymnasiums hatten unter Leitung von Dr. Iris Mäckel und Stephan Borchers eine szenische Darstellung vorbereitet, die ausgehend von Paul Celans Gedicht „Todesfuge“ das Gestern und das Heute strophisch miteinander verwob. Für ihre ausgefeilte Präsentationen bekamen die Gymnasiasten den Beifall der Anwesenden, ehe die Veranstaltung mit einem jüdischen Lied, das zwei Lehrer der Emder IGS aufgenommen hatten, endete.