Zwischen furios und melancholisch

Rysum. Sie ist seit den 80er Jahren wieder auf den Konzertpodien vertreten, nachdem sie lange Zeit vergessen war: die Komponistin Emilie Mayer. Die Apotheker-Tochter galt zu ihrer Zeit als der „weibliche Beethoven“. Und so hatte die Pianistin Lal Karaalioglu deren „Sonate in d-Moll“ ganz an den Beginn des Programms im Rysumer Fuhrmannshof gerückt. Dort gastierte die gebürtige Istanbulerin, die seit Jahren in Hannover lebt, in der Reihe „Weltklassik am Klavier“.

Im gemütlichen Ambiente des Gulfes, der der Gastgeberin Kathrin Haarstick nebenbei auch als Wohnzimmer dient, erklang das Mayer-Werk in schöner Akustik und erlebte zwischen furios und lieblich eine kreativ fein empfundene Aufführung. Dass der prachtvoll drängende Beethoven mit seiner Fantasie op. 77 wie eine Bestätigung der Musik der gleichermaßen temperamentvollen wie klangbewussten Mayer an die zweite Stelle rückte, verwies dann auf die erfinderische Seite der Pianistin, die in ihrem Programm Seele und Vorstellung verknüpfte und dennoch sehr diffizil die jeweils eigenen Charakteristika der Komponisten hervorhob.

Das zweite Komponistenpaar war dann zugleich auch ein Ehepaar – Clara und Robert Schumann. Von ihr erklangen Variationen zu einem Thema ihres Mannes, sehr gefühlvoll und beispielhaft für die enge Verbundenheit der beiden, die sich – wie man weiß „kleine Zettelchen“ schrieben, mit denen sie ihre Wertschätzung und Liebe jederzeit bekundeten. Die Variationen machen dies – auch in der feinen und durchgearbeiteten Interpretation von Lal Karaalioglu – sehr deutlich.

Ein besonderer Genuss zum Schluss: Robert Schumanns „Acht Fantasiestücke op. 12“, die sich wie Miniatur-Empfindungen aneinanderreihen und von nächtlicher Beklemmung, freudigem Aufschwung oder lebhafter „Fabel“ berichten – von der Pianistin sehr feinfühlig umgesetzt.

Die Zuschauerschar konnte sich dann noch über eine Zugabe freuen – ein „Nocturne“ von Frederik Chopin, das sich in seiner romantischen Verklärtheit perfekt an die Schumann-Werke anschloss und einen Abschluss voll von zarter Melancholie kreierte.