Kraftvoller Trost in schlimmen Zeiten

Der 20. Krummhörner Orgelfrühling wurde am 9. Mai in Uttum eröffnet

Uttum. „For these distracted times“ war das Motto des Abends. Und diese zerfahrenen, unruhigen Zeiten wurden durch Kompositionen der Alten Musik gekennzeichnet, die zu emotionalen Momentaufnahmen zusammengefügt wurden.

Im Mittelpunkt des ersten Abends: die Renaissance-Orgel von Uttum

Leon Berben, letzter Schüler des großen Musikers Gustav Leonhardts, Titular-Organist in Ostönnen, wo er eine Orgel spielt, die 20 Jahre älter ist als jene in Rysum, auf der er im letzten Jahr konzertierte.

Die Uttumer Orgel nun ist 220 Jahre jünger, die Bedingungen ähnlich: ein Manual, kein Pedal. Und sie war – neben der Orgel in Westerhusen – das Lieblingsinstrument seines Lehrmeisters. Der Gemeinsamkeiten sind vielfältige!

Berben hatte sich eine exquisite Auswahl zusammengestellt – deutsche, engliche spanische Komponisten, dreimal William Byrd, strategisch effektvoll an den Anfang, die Mitte und den Schluss gesetzt. Immer wieder kämpfte sich die Orgel aus dem Tal der Melancholie und der Tränen heraus und erging sich in Lebhaftigkeit, Jubel, in füllige Vielgestaltigkeit. Doch immer wieder kam auch der Dämpfer – bis zum Schluss die Musik William Byrds – eine Fantasia – zu einer kraftvollen, selbstsicheren, lebenserfahrenen Tröstlichkeit führte.

Gut besucht: das Auftaktkonzert des 20. Orgelfrühlings

Da entwickelte sich eine breite emotionale Palette, die freudig jubilierte, betreten zurücktrat, rauchig verzagte, bedächtig Kraft schöpfte, sich in Tränen auflöste. Berben spielte mit den Klangfarben, setzte den Zimbelstern ein, entlockte der Orgel kraftvolle oder verhaltene Töne, kurz: er nutzte vielfältigste Möglichkeiten, die ihm die Renaissanceorgel bot. Da der Applaus in der nicht ganz ausverkauften Kirche kraftvoll und anhaltend ausfiel, gab es eine Zugabe, ein Variation zum „Vaterunser“ von Jacob Praetorius.

„Das hat doch was“: Pastor Siek Postma, Leiter des Krummhörner Orgelfrühlings

Berben versteht sich darauf, ein Programm als Überraschungspaket zu gestalten und traf damit exakt den Tenor des diesjährigen Mottos des Krummhörner Orgelfrühlings „Dona nobis pacem“ (Gib uns Frieden). Das Thema habe sich angesichts der aktuellen Situation aufgedrängt, sagte der Leiter des Festivals, Pastor Siek Postma, in seiner Begrüßung. Und der Präses des Synodalverbandes Nördliches Ostfriesland, Pastor Frank Wessels, machte deutlich: „Friedensstifter sind wir alle!“

Die Vorstellung von Leon Berben durch Siek Postma fiel enthusiastisch aus. Vorgestern habe Berben noch in Bologna gespielt – und nun in Uttum. „Das hat doch was!“

Es hatte auch was, dass die Kirchengemeinde die Besucher nach dem Konzert zu einem Imbiss ins Gemeindehaus bat. Das ist in Uttum eine Geste der Gastfreundschaft, die den Festival-Auftakt zu einem Rundum-Paket macht.