Ein Interieur kehrt zurück nach Emden

Emden. Eine Innenansicht der Großen Kirche hat den Weg zurück nach Emden gefunden. Gemalt hat die Ansicht, die den Bereich um die Kanzel herum zeigt, der Emder Maler Georg Warring (1879 bis 1967). Er gestaltete das Interieur im Jahr 1932 in Öl. Überreicht wurde das Bild am Mittwoch (14. Juni) – als Schenkung an 1820dieKUNST für das Ostfriesische Landesmuseum – von Dr. Sunke Herlyn aus Bremen.

Im Vordergrund Johannes Berg (1820dieKUNST) und Dr. Sunke Herlyn mit dem Warring-Bild „Inneres der Großen Kirche mit Kanzel“, im Hintergrund die Ansicht der Großen Kirche von außen. Es handelt sich um ein Gemälde von Max Volkhart (1845 bis 1924)

Mit dem Gemälde hat es eine ganz besondere Bewandtnis. Es stammt nämlich aus dem Besitz des ehemaligen Pastors an der Großen Kirche, Ernst Kochs (1868 bis 1954). Kochs hatte 27 Jahre lang – von 1907 bis 1934 – seinen Dienst in Emden versehen. Sein Enkel, Sunke Herlyn, vermutet, dass das Bild ein Geschenk zu seinem Abschied aus dem Dienst war, denn im Mittelpunkt des Gemäldes ist die markante Kanzel aus den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts zu sehen, quasi die ständige „Arbeitsstätte“ des Pastors.

Die Ansicht der Großen Kirche wurde innerhalb der Familie weitergegeben. Zuletzt war sie im Besitz des Wittener Pastors Eberhard Kochs. Seine Witwe, Rosegret Kochs, hat nun entschieden, das Gemälde an seinen Ursprungsort zurückzugeben. Und da die weitverzweigte Familie erst kürzlich eine Sammlung mit Fayencen an die KUNST gegeben hat (KiE berichtete), wandte sie sich bezüglich der neuerlichen Schenkung ebenfalls an die Gesellschaft.

Ernst Kochs war ein ungemein interessierter und begabter Mann, der sich sehr für Kunst, Kultur und Naturwissenschaften interessierte, der aber auch selber sehr viel zeichnete. Eines seiner ständigen Sujets war die Große Kirche, die er immer wieder skizzierte. So legte er unter anderem in den 1920er Jahren ein Skizzenbuch an, das zahlreiche Details der Kirche aufgreift. Dieses Buch wird heute in der Johannes a Lasco Bibliothek aufbewahrt, und KiE stellte es am 1. Januar 2023 vor.

Das Gemälde sei „eine sehr gelungene Arbeit“ Warrings, beurteilt Kunsthistorikerin Dr. Annette Kanzenbach vom Ostfriesischen Landesmuseum die Innenansicht. Sie verweist auf das Erste Drittel des 20. Jahrhunderts, als Warring und seine Künstlerfreunde Jaques Roskamp, Julius Schrag und Adolf Fischer-Gurig ihre Malmotive in der alten Stadt suchten und fanden. „Aus unterschiedlicher Perspektive malten sie auch das Innere der Großen Kirche und überlieferten uns darin das facettenreiche Bild eines sehr atmosphärischen Kirchenraums“, schreibt Annette Kanzenbach in einer Pressemitteilung.

Die Bibliothek und das Landesmuseum verfügen jeweils über eine kleine Sammlung dieser Innenansichten. „Diesen Bestand bereichert nun das Gemälde Warrings um eine neue Ansicht“, so Annette Kanzenbach. Für die Familie habe das Gemälde weniger Bedeutung, meinte Sunke Herlyn. Der Bezug zu Emden brach mit dem Weggang von Pastor Ernst Kochs nahezu ab. Man freue sich aber sehr, dass das Bild im Landesmuseum eine Bleibe finde und hoffe darauf, dass es auch möglichst bald ausgestellt werde.

An Ernst Kochs erinnert nicht nur ein Nachlass in der Bibliothek, sondern auch das Haus, in dem er wohnte. Die Jugendstilvilla in der Gräfin-Theda-Straße 2 hat die Kriegsjahre überstanden, und Sunke Herlyn fand in einem anderen Skizzenbuch des Großvaters, das ebenfalls von 1920 datiert, auch noch Skizzen, die einen Einblick von der Einrichtung des Gebäudes geben, das 1908 gebaut wurde.