Ein Cello und sein Roman

Bargebur. Seit 2012 spielt der Schweizer Cellist, Christian Poltéra, das Violoncello namens „Mara“, ein Instrument von Antonio Stradivari, benannt nach einem seiner Vorbesitzer, Giovanni Mara, einem Virtuosen, Trunkenbold und – wie Wondratschek es nennt – „Sündenlümmel“. Das Cello ist eines von dreien, die 1711 von Stradivari gefertigt wurden – und „Mara“ hat eine spannende Geschichte, die der Schriftsteller Wolf Wondratschek recherchiert und aufgeschrieben hat. Zu erzählen gibt es tatsächlich viel, der Schriftsteller weiß sich zu beschränken und liest exemplarisch Episoden, die sich einprägen. Dazu gehört etwa das Schiffsunglück vom Juli 1963 in Südamerika, bei dem das Instrument völlig zerstört wurde. Es erlebte eine Auferstehung, die neun Monate dauerte. Dann war „Mara“ wieder intakt und wurde einmal verkauft .

Das Konzert in Bargebur lebte von der Kombination aus Lesung und Konzert en miniature. Poltéra spielte Bach, Lutoslawski und Britten – und zeigte, dass das kostbare Instrument – Poltéra nennt sich seinen Eigentümer, nicht seinen Besitzer – klanglich überhaupt keine Probleme mit den unterschiedlichen Stilrichtungen hat. Das sei auch verständlich, meinte Wondratschek, denn es sei über 300 Jahre immer mit der jeweils zeitgenössischen Musik konfrontiert worden, und auch Epochen wie die Romantik seien einmal mordern gewesen.

Wondratscheck liest aus seinem Roman „Mara“, der 2003 herauskam

Wondratschek liest mit Genuss. Seine sonore Stimme trägt im Raum. Er deklamiert nicht weltvergessen, sondern sucht erheiternd immer wieder den Kontakt zum Publikum. Voltéra dagegen blieb weitgehend stumm. Leider! Hätte man doch gar zu gerne etwas darüber gehört, wie sich ein Musiker einem solchen Cello nähert, wie er es erobert und welche Eigenschaften des Instrumentes der Künstler besonders schätzt. War doch der Vorbesitzer der legendäre Cellist Heinrich Schiff, der Lehrer von Poltéra.

Gleichwohl spürte man bestes Einvernehmen zwischen dem Musiker und dem Literaten. Wondratschek genoss ganz offensichtlich die Musik des legendären Instrumentes, das einen sehr vollen, runden Klang hat und sich dem Ohr angenehm macht. Und Poltéra lauschte intensiv den Ausführungen.

Konzert-Lesung in der schönen Kirche zu Bargebur

Poltéra präsentierte in Bargebur die erste Cello-Suite von Johann Sebastian Bach, vier Sätze aus der dritten Cello-Suite von Benjamin Britten und schließlich die „Sacher Variationen“ von Witold Lutosławski. Damit waren wesentliche Stationen abgedeckt, und das Publikum konnte sich einen Eindruck von den Möglichkeiten „Maras“ machen. Insgesamt war es überaus reizvoll, ein Instrument in Romanform vorgestellt zu bekommen, das zugleich im Raum spielend gegenwärtig war.