Künstler-Galerist zieht Konsequenzen
Derzeit läuft bei Ulrich Schnelle noch eine Ausstellung von Edith Pundt aus Bremen
Boen. Der bildende Künstler Ulrich Schnelle will seine bisherige Tätigkeit als Galerist für Ausstellungen befreundeter Künstler vorwiegend aus dem Bremer Raum aufgeben. Nach der derzeitigen Präsentation von Edith Pundt wird es im nächsten Jahr eine bereits abgemachte Ausstellung mit Fotografien geben. Dann will Schnelle die Galerie im Gulf seines Hauses in Boen (Weener) nur noch nutzen, um vorwiegend eigene Arbeiten auszustellen.
Gründe für die Verlegung seiner Aktivitäten gibt es viele. Schnelle betreibt die Galerie nicht als professionelle Einrichtung, sondern stellt den Raum als Angebot an die Kollegen kostenlos zur Verfügung. Demzufolge generiert er aus diesem Tun keine Einnahmen. Das Hängen und Abhängen der Arbeiten, die aufwändigen Eröffnungsveranstaltungen, für die Schnelle und seine Frau Christiane Hubert-Schnelle bekannt sind, aber auch die Einladungen erfordern einigen Aufwand. Eine Veränderung sei überfällig, meint Schnelle, obwohl er mit seinen Angeboten viel Resonanz erfährt.
Zur Ausstellungeröffnung für die Schau „was ist, ist niemals alles“ von Edith Pundt, kamen rund 100 Besucher. „Es war rappelvoll – so voll, wie noch nie!“ Schnelle hatte allerdings auch bekannte Frauen als Rednerinnen gewinnen können: CDU-Bundespolitikerin Gitta Connemann sprach ein Grußwort, die Leiterin des Kunsthauses Leer, Susanne Augat, gestaltete die Einführung.
Edith Pundt, die in vielen Techniken zu Hause ist, zeigt bei Schnelle Fotografien, die sie mit zeichnerischen Elementen verfremdet oder umdeutet. Daneben sind kleinformatige Zeichnungen zu sehen sowie gefilzte Objekte von größeren Dimensionen. Im Mittelpunkt stehen dabei Kreise oder Kugeln, die Edith Pundt mit feinsten Pünktchen, aber immer perspektivisch, sowie von Lichteinfall und Schattenwirkung her korrekt, in die Landschaften einfügt. Sie verleihen den schweren norddeutschen Ebenen schwebende Leichtigkeit.
Die kleinformatigen Zeichnungen sind ebenfalls aus einer Unzahl von Punkten zusammengefügt. Sie suggerieren auf kleinstem Raum Weltall-Momente mit Sternen, Sonnen und Planeten. Das Verblüffende dabei ist die Umkehr der Größenverhältnisse – die riesige Weite des Alls, gebannt in ein Miniaturformat. Der dritte Bereich sind die Filz-Arbeiten der 81-Jährigen, deren Kreativität nach wie vor ungebrochen sei, wie Ulrich Schnelle mit einiger Bewunderung anmerkt.
An der Wand der Galerie in Boen hängt ein riesiges Netz, in dem sich eine Riesenkugel verfangen hat. Diese könnte aus einer der Fotoarbeiten stammen, möchte man meinen. Doch das Netz ist in Wirklichkeit ein Modell der Raumkrümmung, demzufolge die Kugel einen Planeten darstellen könnte. „Die Kugeln sind unglaublich schwer“, sagt Ulrich Schnelle. Edith Pundt hat sie massiv aus bester Wolle gefilzt. Und daraus besteht auch das filigrane Netz, das im Gegensatz zur Kugel ausgesprochen leicht ausfällt.
Könnte man zunächst den Eindruck gewinnen, es ginge hier um surreale Momente, die sich in reale Sachverhalte geschlichen haben, so verfestigt sich nach einem Gang durch die Ausstellung die Vorstellung ungewöhnlicher Welten, die ihren Bezugspunkt im Irdischen haben, die aber ganz entschieden nach außen streben, mitten hinein in das Unbekannte des Alls. Und somit erklärt sich nun auch der Titel der Schau gleichsam von selbst: Es gibt immer etwas, das über das Sein hinausreicht oder eben „was ist, ist niemals alles“!
► Die Ausstellung „was ist, ist niemals alles“ ist noch bis zum 27. August zu sehen.
► Interessierte können unter Tel. 0 49 53 / 92 24 72 oder unter www.ulrich-schnelle.de einen Termin zur Besichtigung abmachen