Wogende, wallende, wonnige Momente

Aurich. Ein Programm, das einen Bogen zwischen dem 18. und dem 21. Jahrhundert spannte, bot das Gezeitenkonzert in der Lambertikirche in Aurich. Es gastierten Pianist Matthias Kirschnereit und das Ensemble Quinton. Die fünf jungen Bläser konfrontierten das Publikum in der nahezu ausverkauften Kirche mit allerhand zeitgenössischer Musik – Hindemiths „Kleine Kammermusik“ war dabei quasi die Einleitung zu Kalevi Ahos „Bläserquintett Nr. 1“, einem raumgreifenden Werk, bei dem sie an weite Ebenen der Tundra denken müsse, wird später Flötistin Alexandra Forstner dem Moderator von Deutschlandfunk Kultur sagen, der aus der Sakristei der Kirche heraus Kurz-Interviews mit den Musikern führte.

Schlussapplaus in der Lambertikirche für Fabian Sahm, Matthias Kirschnereit, Tobias Reikow, Lyuta Kobayashi, Alexandra Forstner und Simon Mayer. Bilder: Karlheinz Krämer

Das Konzert wurde leicht zeitversetzt live übertragen. Das bedeutete für die Musiker eine besondere Anspannung, von der man im Konzert aber nichts merkte. Da dominierte eindeutig die Spielfreude. Und auch, wenn Ahos Musik besonders im 1. Satz mit dem schrillen Einsatz der Flöte sehr auf die Ohren ging, war doch der Verlauf nach dem ersten Einhören verträglicher, auch wenn der Komponist selber damit mit den romantischen und spätromantischen Gepflogenheit absichtsvoll brach.


Mit Hörgewohnheiten gespielt wurde eingangs, als Matthias Kirschnereit solistisch auftrat und eine Mozart-Fantasie d-Moll (KV 397) mit Mendelssohn-Bartholdys „Variations sérieuses“ op. 54 derart verschliff, dass man im ersten Moment etwas überrascht war. Doch es ging bei diesem Konzert um Abfolgen, Folgen, Nachfolgen. Und so stellte sich das Quintett zunächst auch mit Mozart vor und schuf somit einen schönen Rückbezug zur Fantasie d-Moll – mit jugendlicher Freude und ebensolchem Schwung.

Alexandra Forstner und Fabian Sahm

Am Ende des Abends stand Beethovens „Quintett Es-Dur“, ein Werk, bei dem dem Klavier eine wunderbare Dominanz zugesprochen wird. Kirschnereit gab mit seinem ungemein intensiven Spiel, dass sich sowohl technisch als auch künstlerisch brillant präsentierte, einen sicheren Boden, den vier Mitglieder von Quinton mit Verve umkleideten. Die bezaubernden Melodien wogten und wallten, und es bestand kein Zweifel, dass die Musik des jungen Beethoven zu wonnigen Momenten führte. Die Besucher hatten den Vorzug, das Geschehen auf der Bühne über eine Direktübertragung parallel zu verfolgen und so visuell noch dichter bei den Instrumentalisten zu sein. Diese Möglichkeit des unmittelbaren Schauens fehlte der Radio-Übertragung natürlich, sodass sich das Programm dort wesentlich formeller anhört.

► Es ist auf jeden Fall empfehlenswert, sich diese Übertragung des Konzertes noch einmal anzuhören. Möglich wird dies am 27. August um 11 Uhr, wenn NDR Kultur die Aufzeichnung im Rahmen des „Sonntagskonzertes“ noch einmal ausstrahlt.

► Das Ensemble Quinton spielte in der Besetzung: Alexandra Forstner (Flöte), Simon Mayer (Horn), Lyuta Kobayashi (Klarinette), Fabian Sahm (Oboe) und Tobias Reikow (Fagott).