Die Kunst der dunklen Dinge

Freepsum. Das war eine Art erzählerischer Achterbahnfahrt – mit Texten, Geräuschen und Bilder, die Unheil nicht nur suggerierten, sondern es unmittelbar machten. Kai Uwe Hanken, alias Kai Kurgan, präsentierte seine aktuelle Lese-Show im Kultur Gulfhof Freepsum. „Das böse Erwachsen“ heißt sein literarischer Beitrag zum politischen Gruseljahr 2023. Und die Geschichten und Gedichte haben es in sich – sind gekennzeichnet von einer blühenden Phantasie, der es gelingt, bei den Besuchern ein sehr entschiedenes Kopfkino in Gang zu setzen. Das ist in den meisten Fällen nicht angenehm, denn die Bilder bleiben in nahezu traumatischer Weise im Kopf hängen.

Kai Kurgan am Pult – und eine Projektion. Bilder: Wolfgang Mauersberger

Nein, charmant sind weder die Geschichten noch die Gedichte, die Kai Kurgan liest. Zudem hat er eine Art des Vortrags entwickelt, die den – fehlerfrei gesprochenen – Texten enormen Nachdruck verleiht. Hallende Verstärkung, sehr bewegliche Stimm-Modulation, stählerner Blick und sprechende Outfits in Schwarz, mit Lederbesätzen, Schnallen, schlichten weiten Hemden in Schwarz oder Weiß, Lederstulpen – alles scheint irgendwo zwischen Fantasy und Grufty-Szene angesiedelt – und alles verleiht dem Vortragenden ein Standing, das der Kraft seiner Bass-Stimme in nichts nachsteht. Da wird jede Möglichkeit genutzt, dem Sein einen Schein von theatraler Brutalität überzustülpen.

Dramatisches Outfit, stählerner Blick, erbarmungslose Präsenz; Kai Kurgan in Aktion auf der Bühne im Kultur Gulfhof Freepsum

Sind die Geschichten auch düster, so fängt Hanken sie durch seine Moderation wieder auf. An diesem Abend in Freepsum bildet sich ungewollt ein Running Gag heraus. Ständig geht das Licht aus und wieder an, und auf der kleinen Bühne kommt es zu einer Art „Hopping“ zwischen den verbleibenden Strahlen, denn ganz ohne Licht kommt Kurgan bei seiner Lesung dann doch nicht aus. Sein massives Pult ist geschmückt mit dunklen Dingen – Totenschädel, Muschel und schummeriges Licht von Kunstkerzen geben dem Abend einen zusätzlichen Effekt. Dazu kommt der künstliche Nebel, der den Raum schon vor Veranstaltungsbeginn mit Wabern erfüllte. Da wurde mächtig auf Theatereffekte gesetzt.

Macht auch als „Schatten“ eine gute Figur: Kai Kurgan, der sich auch den „dunklen Propheten“ nennt

Fazit: Ein unterhaltsamer Abend mit Gruselgeschichten a la Poe, Bierce, Lovecraft und Co. Und mit der Erkenntnis, dass man nicht alles glauben muss, was einem so erzählt wird. — Oder etwa doch …..???