Geschichten aus der Gemäldegalerie

Emden. Die neu gestaltete Gemäldegalerie war das Thema der Neuen Dienstagsrunde, zu der sich etwa 20 Mitglieder von 1820dieKUNST im Ostfriesischen Landesmuseum eingefunden hatten. Kuratorin Dr. Annette Kanzenbach erläuterte den Besuchern ihr Konzept mit zweireihiger Hängung und Einbindung von Gemälden, die im Rahmen der Aktion „Paten retten Museumsschätze“ restauriert und ausstellungsreif gemacht werden konnten.

Vor der Wand mit Gemälden des 19. Jahrhunderts: Mitglieder von 1820dieKUNST in der neu gestalteten Gemäldegalerie. Bilder: Wolfgang Mauersberger

Dabei gab es einige kleine historische Geschichten zu vermitteln. So habe etwa der Emder Maler Gerhard Heinrich Nanninga (1817 bis 1847) sich mit der Bitte an die gerade erst gegründete Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer gewandt, ob man nicht ein Bild von ihm kaufen könne. Der Vorstand ging auf die Bitte ein und erwarb das Gemälde „Italienische Landschaft“. Dieses kleine Bild ist jetzt in den Bereich „Kunst des 19. Jahrhunderts“ aufgenommen. Hier sind auch zwei Landschaften des 17. Jahrhunderts zu sehen, die demonstrieren, dass „traditionelle Malerei langlebig ist“, wie Annette Kanzenbach erläuterte.

Immer ein Hingucker: „Schiffbruch des Apostels Paulus“, gemalt von dem gebürtigen Emder Marinemaler Ludolf Backhuysen

Unter den sechs Bildnissen in der Reihe „19. Jahrhundert“ begegnet man einer Emderin im tief ausgeschnittenen hellblauen Kleid. „Ein sehr schönes Beispiel für die Mode jüngerer Frauen zu Beginn des 19. Jahrhunderts“, kommentierte die Kuratorin. Der zugehörige Schal war mit den Jahrzehnten schwärzlich angelaufen und konnte durch die Restauration wieder in den originalen Zustand gebracht werden.

Eine besondere Geschichte haben zwei kleinformatige Porträts eines Emder Ehepaares, die eines Tages in einem Päckchen im Landesmuseum ankamen. Der Sendung lag weder ein Anschreiben noch irgendeine Erklärung bei. Es war nur noch zu ermitteln, dass die Post am Starnberger See aufgegeben worden war. Jetzt hängen die beiden in der Gemäldegalerie in Gesellschaft anderer Emder, die vor rund 200 Jahren hier gelebt und gearbeitet haben.

Ebenfalls neu: ein pyramidenförmiger Ständer, auf dem die „Steckbriefe“ für die noch zu restaurierenden Gemälde ihren Platz finden

Ein Bildnis Edzards des Großen Cirksena ist in diesem Bereich der Galerie ebenfalls vertreten. Es handelt sich um eine Kopie des 19. Jahrhunderts. Das Original ist in der National Porträt Galery in London zu finden. Die Geschichte des „Emder Edzards“: Oberbürgermeister Leo Fürbringer hatte das Bild in Oldenburg entdeckt und erworben – für die Rüstkammer, denn der Graf trägt einen Harnisch. Das Gemälde ist noch nicht restauriert und sucht noch einen Paten.

Hoch modisch im 17. Jahrhundert: das Gewand der Kaufmannsfrau Wilmke Stipels. Sowohl der schwarze Stoff als auch die hauchfeinen Spitzen und der vielfach gefältete Batistkragen gehörten zu den Luxuswaren und waren außerordentlich kostspielig

Mit Spannung war die Restaurierung einer Buchrolle samt Inhalt erwartet worden. Und die Dresdner Restauratorin hatte ihre liebe Not damit, das Pergament aus dem schützenden Lederköcher zu entfernen. Doch die Erwartungen wurden enttäuscht. Das Blatt war leer. Des Rätsels Lösung: Bei der Buchrolle soll es sich wegen ihrer komplizierten Konstruktion – die beiden Teile wurden durch ein handgeschnittenes Gewinde verbunden – um ein Gesellen-, vielleicht auch um ein Meisterstück handeln. Das Pergament war demzufolge nur der Vollständigkeit halber eingelegt worden.

Wie wichtig manch ein Gemälde ist, um einen historischen Zustand zu dokumentieren, zeigt sich auch in der Galerie. So ist dort ein Interieur der zerstörten Großen Kirche Emden von Georg Warring zu finden. „Ohne diese vielfältigen Gemälde wüssten wir wohl kaum, wie die Kirche einmal ausgesehen hat“, meinte Annette Kanzenbach. Auch diese Innenansicht mit Blick auf die Kanzel wartet noch auf eine Patenschaft.

Warten noch auf Paten, die ihre Restaurierung finanzieren: eine adelige Gesellschaft von Tjarko Meyer Cramer und „Edzard der Große im Harnisch“

Verwundert hätten einige Besucher des Landesmuseums auf das Nebeneinander von restaurierten und teilweise schwer geschädigten Gemälden reagiert, sagte die Kuratorin. Dieser Effekt sei beabsichtigt gewesen – auch, um zu zeigen, welche Möglichkeiten die Restauratoren haben, um die Bilder in den Zustand ihrer Entstehungszeit zurückzuversetzen.