„ … auf dieser Orgel geht das!“

Rysum. Organist Professor Bernhard Klapprott entführte die Besucher im dritten Konzert des Krummhörner Orgelfrühlings an die Schwelle des venezianischen Frühbarocks. Zugleich zeigte er anhand von drei Regionen – Italien, Österreich / Süddeutschland sowie England / Niederlande, dass die gotische Rysumer Orgel von 1440 durchaus geeignet ist, Musik, die rund 150 Jahre später entstand, prachtvoll zu inszenieren. Und so galt der gestenreiche Dank des Organisten am Konzertende dann ihr, der rund 580 Jahre alten Orgel eines unbekannten Meisters.

Dank des Organisten an das Instrument: Bernhard Klapprott und die gotische Orgel von Rysum.
Bilder: Wolfgang Mauersberger

Auch der dritte Abend bot eine Fülle musikalischer Entdeckungen quer über den Kontinent hinweg. Die europaweite Vernetzung, die irgendwie immer mit der venezianischen Schule Berührungen aufzeigte, war eine Konstante in dem aufwändigen Programm zwischen später Renaissance und Frühbarock.

Blick in die einschiffige Rysumer Kirche, deren heutige Bausubstanz in das 12. Jahrhundert zurückreicht

Klapprott war bereits am Dienstag angereist, um mit der Rysumer Orgel warm zu werden. Seine Familie besitze schon seit Jahrzehnten eine Wohnung im Ferienpark Hage-Berum, erläuterte Klapprott im Nachgespräch. In so fern benötige er nicht einmal ein Hotelzimmer, wenn er in Ostfriesland konzertiere. Das wird künftig wohl häufiger der Fall sein, denn er ist der neue künstlerische Leiter der „Nachtorgel bei Kerzenschein“ in der St.-Bartholomäus-Kirche in Dornum und wird dort am 19. Juli das kleine Festival auch selber eröffnen.


In Rysum hatte er die Musikbeiträge so zusammengestellt, dass er das Thema des Orgelfrühlings „Et in terra“ in ein Spannungsverhältnis zwischen Himmel und Erde setzte. Für die himmlische Sphäre wählte Klapprott die Form des Ricercar, eine Instrumentalkomposition des 16. Jahrhunderts insbesondere für Tasteninstrumente. Für den irdischen Bereich setzte der Organist Tanz und Lied ein – und ließ diese kulminieren in einem phantastischen Hochzeitstanz „Ballo del Granduca“ von Jan Pieterszoon Sweelinck oder seinem Schüler Samuel Scheidt.

In geheimnisvolles Dunkel gehüllt: Orgel und Organist

Lebhaft war das Konzert, weil die Möglichkeiten der Orgel in vielen Facetten durchgespielt wurden – mal durch Verwendung der Zungenregister, mal durch reiche Ornamentierung, dann wieder durch feenhafte Leichtigkeit im Anschlag, gefolgt von einem kraftvollen Klangtreiben. Die nur einmanualige Orgel ohne Pedal zeigte dennoch ihre Kraft und ihre Fähigkeit, farbige Modulationen hervorzurufen – sehr zum Vergnügen eines Publikums, das reichlich nach Rysum gekommen war, um die älteste Orgel im Konzert zu hören.

„Auf dieser Orgel geht das …“, hatte Klapprott anfangs gesagt, als er sein Programm kurz erläuterte. Und in der Tat: Sie konnte es!!


Bei der Begrüßung richtete der gerade erst im Amt befindliche neue Pastor von Rysum, Wybelsum und Logumer Vorwerk, Frederik Koßmann, gemeinsam mit dem künstlerischen Leiter, Pastor Siek Postma, das Wort ans Publikum. Und dieses nutzte auch nach Konzertende die Gelegenheit, mit allen Akteuren ins Gespräch zu kommen. Und so stand auch ein sichtbar zufriedener Bernhard Klapprott immer wieder im Mittelpunkt. Zufrieden konnte er wirklich sein. Hatte er doch mit formaler Eleganz und zugleich einem kreativen Drang nach Experimentellem einen inhaltsreichen Konzertabend beschert.