Kühle Farbigkeit, raffinierte Eleganz

Leer. Das Kunsthaus Leer hat 20 Arbeiten von Hanna Lömker-Rühmann (Jahrgang 1937) als Schenkung der Künstlerin erhalten. Derzeit sind eine Auswahl aus dem Konvolut, ergänzt um einige Leihgaben aus dem Besitz von Hanna Lömker-Rühmann, in der Einrichtung zu sehen. Bei dem Kunsthaus handelt es sich um ein Archiv für Kunst aus Ostfriesland, das seit seiner Gründung 2012 mehr als 30 Nach- und Vorlässe von Künstlern, die in der Region tätig sind, übernommen hat.

Besucherin vor zwei großformatigen Werken der Hanna Lömker-Rühmann.
Bilder: Wolfgang Mauersberger

Die Leiterin des Hauses, Susanne Augat, bezeichnet das Werk von Hanna Lömker-Rühmann als ein „außergewöhnliches, zutiefst individuelles und phantasievolles“. Seit Mitte der 80er Jahre schuf die Künstlerin, die in den 70er Jahren nach Ostfriesland kam, Stillleben und Interieurs im realistischen Stil. „Ihre Gemälde beeindrucken durch ihren krassen Realismus bei kühler, verhaltener Farbigkeit und strenger Komposition“, betonte Susanne Augat. Der Sammler Dr. Walter Baumfalk habe die symbolstarken Arbeiten als „Metaphern des menschlichen Lebens“ eingeordnet.

Führte in das Werk Hanna Lömker-Rühmanns ein und erläuterte die Ausstellung: die Leiterin des Kunsthauses, Susanne Augat

Mitte der 90er Jahre habe Lömker-Rühmann diese Art meisterlicher Malerei aufgegeben. Augat: „Wie sie selbst bekannte, hatten sich die Gestaltungsmöglichkeiten für sie erschöpft.“ Statt dessen wendet sie sich der informellen Malerei und der Bildhauerei zu. Und nun entstehen Röhrenobjekte, für die sie Papprollen von Teppich-Auslegware verwendet.


Doch was sie daraus macht, ist ebenso elegant, farblich kühl und ästhetisch wie ihre malerischen Werke. Außerdem ist der Weg, mit dem sie von der Industrie-Röhre zur Kunst kommt, hochgradig aufwendig. Susanne Augat hat den Prozess nachempfunden. Lömker Rühmann begradigte die Säulen, ummantelte sie mit selbst angerührter Pappmaschėe und vielerlei Papieren. Manchmal nutzt sie auch Holz, Pappe oder Styropor. Ganz zum Schluss erfolgt die Bemalung, oder sie trägt aufwändige Ornamente auf. Die Objekte bekommen Namen: „Kontrahenten“ oder „Mantel-Stachelsäule“ oder „Königssäule“. „Wie bei den Gemälden, so geht auch von den Säulenobjekten ein geheimnisvoller Zauber aus“, stellt Susanne Augat fest. Aber da ist noch mehr. Den Säulen scheine nämlich ein menschlicher Geist inne zu wohnen.


Neben den Säulen entstehen gefaltete Papier- und Wellpappen-Objekte, die wesentlich schlichter, aber keineswegs weniger raffiniert daherkommen. Reines Weiß interessiert sie jetzt, dann Weiß mit pastellfarbenen Schatten. Ganz minimalistisch erscheinen diese Arbeiten und sind doch mit Kalkül gearbeitet, präzise und handwerklich perfekt. Die „Produkte einer versierten Künstlerin“ nennt Susanne Augat das, was da mit den Jahrzehnten entstanden ist und was als „konsistentes Gesamtwerk“ hervorgebracht wurde.

Susanne Augat erläutert das Bild „Schaukel“ von Hanna Lömker-Rühmann

Die Kunsthaus-Leiterin hat dieses in sich ruhende Werk mit gelassener Hand in ihre kleinen Räumlichkeiten angepasst. Doch wirkt die Ausstellung größer als sie ist. Denn diese Präsentation ist klug inszeniert und geht so liebevoll mit den Arbeiten um, dass das Auge sich gar nicht sattsehen kann an der Harmonie eines Werkes, das durchaus surreale Züge aufweist, das Sehgewohnheiten gezielt konterkariert, aber dabei immer zutiefst human bleibt.

Sammler und Kunstkenner: Dr. Walter Baumfalk hat ein ostfriesisches Künstler-Lexikon geschrieben, in das auch Hanna Lömker-Rühmann aufgenommen wurde

Hanna Lömker Rühmann wurde in Bielefeld geboren und wuchs in Gütersloh auf. Zunächst wurde sie Kindergärtnerin. Dann studierte sie Kunst. Nach dem Umzug nach Ostfriesland wurde sie zunächst Kunsterzieherin in Großefehn. 1980 entschloss sie sich, als freischaffende Künstlerin zu arbeiten.

Ein Diptychon, das nicht nebeneinander hängt. Statt dessen befindet sich ein Teil an der Wand, das andere liegt auf dem Boden. Auffällig sind die Kreuzformen, die die Künstlerin aus Seilen formt und akribisch malt.

► Die Ausstellung „Hanna Lömker-Rühmann – Malerei. Graphik. Objekte“ ist bis zum 21. Juli zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag sowie sonntags von 14 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung.
► Das Kunsthaus ist in einer Villa im Turnerweg 5 in Leer untergebracht. Tel. 0491 / 926 15 31 oder www.kunsthaus-leer.de
► Eintritt: frei